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Titelstory: The Doors – Jim Morrisons letzte Stunden

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Titelstory: The Doors – Jim Morrisons letzte Stunden

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IV. DIE LETZTE IDYLLE

In den letzten Wochen seines Lebens ist Jims Beziehung zu Pamela komplett zerrüttet. Die selbstzerstörerische Gefährtin verbringt ihre Nächte zumeist mit dem Grafen, in ihren lichteren Momenten schimpft sie auf Jim und seinen fehlenden Schaffensdrang. Morrison ist nicht bereit, seine Niederlage einzugestehen. Am 28. Juni schreibt er dem Elektra-Manager Bob Greene: „Das sonnige Paris ist wunderschön, eine aufregende Stadt, gebaut für Menschen. Mit Bill Siddons habe ich bereits darüber geredet, dass wir vielleicht für immer hier bleiben.“ Pamela plant, ein altes Haus zu kaufen, vielleicht eine ehemalige Kirche, in der Jim arbeiten könnte. Als Dichter, nicht als Rockstar. Morrison fragt Greene nach der finanziellen Lage und fordert Kopien aller Verträge an. Nachdem sein Engagement bei „Themis“ ausläuft, weist er Greene an, den Laden Pamelas Schwester Judy und ihrem Mann zu überschreiben, denn das Paar wolle „aus der Sache komplett draußen sein“. Zudem verlangt er einen Scheck in Höhe von 3.000 Dollar, da einige Rechnungen dringend bezahlt werden müssen. Und er bittet Greene abschließend, doch sicherzustellen, dass sein Hund Sage in guten Händen ist: „Schick Judy einen Hunderter für den Hund!“ Klingt nicht gerade so, als würde Morrison nach Kalifornien zurückkehren wollen.

Jim liebt die Buchläden in der Gegend um Notre Dame, und er ist fasziniert von der unruhigen Atmosphäre in Paris: Die Stadt hat sich noch immer nicht von den Aufständen des Jahres 1968 erholt. Er verfasst kurze Verse, meistens auf einer Parkbank am verschlafenen Place des Vosges – seinem favorisierten Rückzugsort. Ein paar Tage vor seinem Tod komponiert er ›The Sidewalkers Moved‹, eine der Textzeilen lautet: „Join us at the Demonstration“.

When You're StrangeDen 28. Juni verbringen Jim, Pam und Ronay in Chantilly, sie essen im „Hotel de l’Oise“ zu Mittag, wo Ronay die letzten bekannten Fotos von Jim schießt. Auf einem umarmt er Pamela, auf einem anderen präsentiert er Ronay sein schiefstes Grinsen. „Ein idyllischer Tag“, so Ronay. Zurück in Paris, besorgt sich Pamela mehr Heroin. Später wird sie Freunden erzählen, dass Jim inzwischen auch damit experimentiert, um nicht außen vor zu sein. Er schnupft wohl hin und wieder Lines von seiner Kreditkarte.

Am 1. Juli wird Morrison von einem amerikanischen Fan erkannt: Er sitzt alleine in der Bar „Le Mazet“, kaut einen Schinkentoast mit Käse und trinkt Weißwein. Zuvor hat es in einem benachbarten Restaurant einen wilden Streit mit Pamela gegeben, bezeugt von zwei deutschen Studenten, die am selben Tisch gesessen sind.
Am Morgen des 2. Juli spazieren Jim und Ronay durch den Stadtteil Marais. Alain ist gerade nach rund fünf gemeinsamen Wochen mit Jim ausgezogen, er wohnt nun in Agnes Vardas Haus in die Rue Daguerre, wo die Hausherrin gerade am Skript für Bernardo Bertoluccis „Der letzte Tango in Paris“ arbeitet. (Der Film – mit Marlon Brando in der Hauptrolle – handelt von einem Amerikaner, der seine finalen Tage in Paris verbringt. Er erscheint 1972 und ist angeblich von Morrisons Geschichte inspiriert.) Beim Bummel durchs Viertel kauft Jim Schmuck für Pamela, dann essen die beiden Freunde im „Ma Bourgogne“, einem Restaurant, das sich auf die deftige elsässische Küche spezialisiert hat. Morrisons Schluckauf kehrt zurück. Ronay merkt, dass Jim innerlich aufgewühlt ist, doch nach ein paar Bieren im „Café de Phare“ will er sich verabschieden – Agnes Varda hat ihn zum Essen eingeladen.
Morrison bettelt, er möge bleiben: „Noch ein kleines Bier, na komm schon, mach’s für einen alten Freund.“ Ronay bleibt. Morrisons Schluckauf wird immer schlimmer. Am Place de la Bastille sieht Ronay Jim zum letzten Mal, er blickt in ein Gesicht, das einer Totenmaske gleicht. Morrison bemerkt Ronays Blick: „Na, was hast du gerade gesehen?“

In Vardas Haus berichtet Ronay bei Tisch von diesem beunruhigenden Nachmittag. Pam und Jim besuchen derweil ein chinesisches Restaurant. Ronay hat ihnen zudem einen alten Film empfohlen, der gerade im Kino läuft. In „Verfolgt“ spielt Robert Mitchum einen jungen Mann, dessen Familie ausgelöscht wurde.


V. DIE NACHT DER WIDERSPRÜCHE

Was in den Stunden zwischen Ronays Abschied am späten Nachmittag und Morrison Tod passiert, ist und bleibt ein Mysterium. Am folgenden Tag gibt Pamela um 17:40 Uhr dem Polizisten Jacques Manchez ihre offizielle Aussage zu Protokoll, simultan übersetzt von Ronay: Pamela fühlt sich am Abend krank, weshalb Morrison alleine ins „Le Quattier“ geht, wo er ein chinesisches Essen mit ein paar Bieren runterspült. Als er nach Hause kommt, entschließen sie sich, ins Kino „Action Lafayette“ aufzubrechen, um sich „Verfolgt“ anzusehen. Zu Morrisons Ärger ist der Film aber schlecht untertitelt. Gelangweilt und müde kehrt das Paar gegen 1.00 Uhr zurück in die Wohnung. Trotz der eigentlich warmen Nacht wird noch der Kamin entzündet, Jim beginnt Whiskey zu trinken, setzt sich an den Schreibtisch und will ein paar Zeilen in seinen Spiralblock schreiben. Später sehen sich Pam und Jim ein paar alte Urlaubsfilme auf Super-8 an.

Während ihres Gespräches mit Manchez spricht Pam von Jim immer nur als „mein Freund“: „Mein Freund schien glücklich und wohlauf zu sein, aber ich bemerkte, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Wir legten uns in Bett, hörten ein paar Platten und schliefen dann ein. Der Plattenspieler stellte sich automatisch ab.“ Manchez fragte, ob sie Sex gehabt hätten. „Nein, wir hatten keinen Sex letzte Nacht, aber so gegen halb drei, das kann ich aber nur schätzen, denn wir haben keine Uhr im Schlafzimmer, wachte ich von den lauten Atemgeräuschen meines Freundes auf. Er atmete so laut, dass ich meinte, ihm helfen zu müssen. Ich wollte meinem Freund helfen. Ich fragte ihn, ob er einen Doktor bräuchte, aber er sagte Nein, es wäre schon okay. Er wollte ein heißes Bad nehmen. Er ging ins Badezimmer und rief mich, da ihm plötzlich schlecht wurde. Ich nahm die orangefarbene Suppenschüssel und mein Freund übergab sich darin. Es war das Abendessen, aber ich entdeckte auch ein paar Klumpen Blut. Er hat sich dreimal übergeben, das dritte Mal war es nur noch Blut. Ich leerte die Schüssel in die Toilette und wusch sie ab. Mein Freund sagte, dass er sich seltsam fühlt, aber nicht so schlimm, dass ein Arzt nötig wäre. Er meinte, dass es ihm langsam besser geht und ich endlich schlafen gehen solle. Er sagte: ‚Ìch bleibe noch im Bad und komme dann später.‘ Ich dachte, er wäre wieder okay, nachdem er sich übergeben hatte, er war auch nicht mehr so blass. Ich ging zurück ins Bett und war beruhigt. Ich weiß nicht, wann ich wieder einschlief, aber irgendwann wachte ich auf und bemerkte, dass mein Freund noch immer nicht im Bett war. Ich rannte ins Badezimmer und sah ihn ganz still in der Wanne liegen, sein Kopf hing hintenüber, so als würde er schlafen. An seinen Nasenlöchern klebte Blut. Ich dachte, er sei krank oder bewusstlos. Ich wollte ihn aus der Wanne ziehen, aber das schaffte ich nicht. Dann rief ich Mr. Ronay an. Er kam mit Mrs. Agnes Varda, und sie riefen für mich die Polizei.“ So lautet Pamelas Aussage.

Was sie der Polizei nicht erzählt, dafür aber Ronay anvertraut: Jim kommt nach Hause und hört sich Doors-Alben an, wobei er den Song ›Not To Touch The Earth‹ ständig wiederholt. Das Paar legt etwas Heroin nach, Jim trinkt weiter. Um etwa 3:00 Uhr entfaltet das zu 86 Prozent reine Heroin, das durch die französische Underground-Szene wabert, seine ganze Wirkung: Das Paar schläft ein.

Bis vor kurzem war das die offizielle Lesart der Akte Morrison. Doch 2007 veröffentlicht Sam Bernett ein Buch, dessen Inhalt manifestiert, was 36 Jahre lang in Paris als Gerücht kursiert ist. Bernett, gebürtiger Franzose, ist seit der Eröffnung im Jahr 1969 Manager des „Rock’n’Roll Circus“. Seiner Aussage zufolge taucht Morrison gegen 1:00 Uhr nachts im Club auf und bestellt eine Flasche Wodka. Der Sänger ist für Bernett kein Unbekannter: „Jim stand wie gewöhnlich an der Bar, im Schlepptau ein paar Freunde, die ich nicht kannte. Er wartete auf irgendwelche Leute, die ihm Stoff für Pamela bringen sollten. Es war nicht das erste Mal, dass er das für sie tat. Manchmal ging er dazu auch in gewisse Cafés oder traf sich auf den Straßen von Saint Germain mit den Dealern. Er wartete also, trank, redete. Ich hörte ihm zu, war aber nicht die ganze Zeit in seiner Nähe. Ich spendierte ihm ein paar Drinks. Gegen 2:00 Uhr kamen zwei Typen rein, und er verschwand mit ihnen.“

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5 Kommentare

  1. gut geschilderte Story. Sehr spannend zu lesen. So detailliert beschrieben, dass man sich jede Szene in seiner Phantasie erstaunlich plastisch vorstellen kann. Zugleich hoher Unterhaltungswert. Was will man mehr???

  2. Ein sehr ausführlicher und interessant geschriebener Artikel über diesen herausragenden Künstler der 60er und die bis heute ungeklärten Begleitumstände seines viel zu frühen Todes. Danke an den Autoren.

  3. Ist der Körper Jim’s beerdigt?
    Könnte eine Exhumierung und Untersuching des Körpers heutzutage eine Aufklärung bringen? Immerhin war Morrison in seinem Todesjahr 1971 im Februar erst aus dem Hotelfenster Chateau Marmont LA gefallen ein evtl. Rippenbruch hätte irgendwann Atemnot verursacht unter der Morrison in Paris bis in den Juli 1971 litt (daran verstarb??)!!

  4. Eine gut erzählte Geschichte, mit einem Tragischen Ende! Die Biografie von Daniel Sugarman und Jerry Hopkins (No One Here Gets Out Alive) erzählen noch eine andere Geschichte, Jim hatte nämlich Angst vor Heroin und Spitzen, seine Droge war Kokain! Jim war ein schwerer Trinker, was Dichter halt so machen. Sein Tod ist vielmehr ein tragischer Unfall gewesen,das er wahrscheinlich Heroin in seinem alkoholisiertem Zustand zu sich genommen hat. Die Legende sagt aber auch, als die Doors Anfang 1967 im Fillmore in San Francisco auftraten, und noch immer keinen Hit hatten, schlug Jim der Plattenfirma vor, durch einen fingierten Todesfall landesweit das Interesse auf die Band zu lenken!

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