Kurz nach dem „Alptraum“ der Aufnahmen zu LET IT BE begannen die Beatles mit der Arbeit an ihrem nächsten Album – von dem sie wussten, dass es ihr letztes sein würde. Dessen Entstehung war alles andere als von Liebe, Frieden und Verständnis geprägt. 50 Jahre später gilt ABBEY ROAD dennoch für viele als das beste aller Beatles-Werke.
In ihrer Abwärtsspirale war es zweifellos einer der absoluten Tiefpunkte. Im Januar 1969 hatten die Beatles ihre wirklich nichts beschönigende Dokumentation „Let It Be“ und den dazugehörigen Soundtrack aufgenommen. Seit den Sessions zum Weißen Album zerfielen die niedlichen Pilzköpfe und die Arbeit an LET IT BE war für alle eine Qual gewesen. Tony Bramwell, ihr Roadie seit Liverpooler Zeiten und später ein Leiter bei Apple Records, erinnert sich: „Das Weiße Album war der Anfang vom Ende. Alles veränderte sich zu dieser Zeit, und letztlich machte Paul fast alles, während die anderen kaum noch mehr als Sessionmusiker waren.“
Lennons Heroinsucht hatte bei den Aufnahmen zu LET IT BE ihren traurigen Höhepunkt erreicht und die anderen kamen damit schlicht und ergreifend nicht klar. „Wir waren enttäuscht, dass er dem Heroin verfallen war, weil wir nicht wirklich wussten, wie wir ihm helfen konnten“, erklärte McCartney Barry Miles in dessen Buch „Many Years From Now“. „Wir hofften einfach, dass er nicht zu weit gehen würde.“
Ein weiterer Stolperstein wurde der Band am 28. Januar in den Weg gelegt, als John und Yoko sich im Londoner Dorchester Hotel mit dem amerikanischen Musikmogul Allen Klein trafen, weil Lennon der Meinung war, NEMS Enterprises, die Managementfirma ihres verstorbenen Managers Brian Epstein, würde die Beatles finanziell ausbeuten.
„Brian Epstein war ein wundervoller Mensch, er hatte eine sehr gute Intuition für das Theatralische, er wusste, dass wir etwas Besonderes hatten und vertrat uns sehr gut“, fand Lennon. „Doch er hat sich in geschäftlichen Fragen sehr schlecht beraten lassen. Er wurde über den Tisch gezogen. Das wurden wir alle.“
Lennon wollte folglich, dass Klein das Management der Beatles übernehmen und ihre völlig chaotischen finanziellen Angelegenheiten regeln würde. Tony Bramwell sagte es so: „Es gab riesige Spesenrechnungen – Catering, Getränke, kostenlose Autos und Häuser für irgendwelche Leute. Jeder Beatle hatten seinen eigenen Assistenten, und die waren allesamt überbezahlt.“
Lennon war sofort von Klein beeindruckt und beschloss, ihn zu seinem persönlichen Berater zu machen. Umgehend schrieb er Sir Joseph Lockwood, den Vorsitzenden von EMI, an: „Sehr geehrter Sir Joe, ab jetzt kümmert sich Allen Klein um alle meine Angelegenheiten.“ Diese Personalie sorgte für eine weitere Kluft zwischen Lennon und McCartney, der darauf bestand, sich weiterhin von dem Anwalt Lee Eastman vertreten zu lassen, Linda McCartneys Vater.
Ringo war unterdessen mit anstrengenden, 13-wöchigen Filmarbeiten in den Twickenham Film Studios beschäftigt, wo er in „Magic Christian“ an der Seite von Peter Sellers eine Nebenrolle spielte. Was natürlich bedeutete, dass er für jegliche Beatles-Projekte kaum Zeit hatte.
Paul McCartney, wie immer optimistisch in allen Bandbelangen, antwortete auf seine Art auf den deprimierenden Start in jenes neue Jahr: Er ging zurück an die Arbeit und schlug ein Beatles-Album vor, das sich sehr von LET IT BE unterscheiden sollte. „Ich war ziemlich überrascht, als Paul mich anrief und sagte: ‚Wir werden noch eine Platte machen, würdest du sie gerne produzieren?‘“, erinnerte sich George Martin an die Geburtsstunde von ABBEY ROAD. „Ich antwortete sofort: ‚Nur, wenn du sie mich so produzieren lässt, wie wir das früher gemacht haben.‘ Und er entgegnete: ‚Das wollen wir auch.‘ Ich sagte: ‚Auch John?‘ Und er antwortete: ‚Ja, ehrlich‘.“
Hallo
Mit großer Freude habe ich die Story zum Beatles Album „Abbey Road“ gelesen.
Ich erwarte jedes Mal mit Spannung die neueste Ausgabe.
Wie wäre es denn mal mit einer Story über T-Rex / Marc Bolan und einem passenden Coverfoto?
Schöne Grüße
„In ihrer Abwärtsspirale war es zweifellos einer der absoluten Tiefpunkte.“
Welche „Abwärtsspirale“? Das „Weiße Album“ gilt doch heute als Meisterwerk und wird von nicht wenigen mit „Pepper“ und „Abbey Road“ auf eine Stufe gestellt.
„Lennons Heroinsucht hatte bei den Aufnahmen zu LET IT BE ihren traurigen Höhepunkt erreicht und die anderen kamen damit schlicht und ergreifend nicht klar.“
Also die Aufnahmen zu „Let It Be“ waren zweifellos schwierig und mit Konflikten durchsetzt. Allerdings eher mit persönlichen als musikalischen. Auch das Umfeld in den Twickenham-Studios und der Zeitdruck spielten eine Rolle. Die in meinen Augen beste Single der Band (wenn man A- und B-Seite berücksichtigt), „Get Back“, entstand immerhin während dieser Sessions.
In Peter Jacksons über sechsstündiger Dokumentation wird das alles sehr deutlich, aber auch, dass manches Vorurteil und Klischee, das seit Jahrzehnten über die Aufnahmen zu „LetIt Be“ kursiert, revidiert werden muss.