0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Titelstory: Free – „Wir wussten, wie gut wir waren“

-

Titelstory: Free – „Wir wussten, wie gut wir waren“

- Advertisement -

Free - FIRE AND WATERPaul Kossoff kennenzulernen, war eine Erfahrung, die sein „Leben veränderte. Wir teilten eine tiefe Liebe für den Blues und hörten dieselben Platten, schon bevor wir uns begegneten – BB Kings LIVE AT THE REGAL, Albert Kings BORN UNDER A BAD SIGN und andere.“ Doch Kossoff, ein ganzes Stück jünger als Rodgers, hätte nicht unterschiedlicher als der Frontmann sein können. Der Sohn des Schauspielers David Kossoff besuchte eine Privatschule – bis er dort rausflug, nachdem man ihn mit Aufputschmitteln erwischt hatte. „Ich glaube, die Gefahr zog ihn an“, erinnerte sich Kossoff senior später.

Als Paul Kossoff 1968 bei Free einstieg, zählte er zur Generation genialer britischer Bluesgitarristen. Im Gegensatz zu all den Riffrock-Angebern, die an der Schwelle der 60er zu den 70er Jahren aufkamen, ging es bei ihm aber stets um das Gefühl. Rodgers berichtet, wie sein Kollege immer durch einen Leslie-Lautsprecher spielte, was ihm diesen breitwandigen, orgelartigen Klang verlieh. „Er spielte jede Note, als würde sein Leben davon abhängen. Und plötzlich tat es das wirklich. Er war einfach ganz weit vorne.“

„Ich mag es, wenn sich die Musik in langsamen Wellen bewegt … steigt und fällt“, sagte Kossoff 1973. Abseits der Musik fand Koss, wie er genannt wurde, seine langsamen Wellen an an­­derer Stelle. Metha­qualon, Beruhigungsmittel und schließlich Heroin – als er 1976 im Alter von nur 25 Jahren an einem Herzinfarkt starb, kam es kaum überraschend für alle, die ihn kannten.

Das jüngste und freigeistigste Mitglied von Free war jedoch Andy Fraser. Koss hatte ihn durch einen Aushang im „Nags Head“ gefunden, einem Pub in London, das sich auf Blueskonzerte spezialisiert hatte. Als er zur Band stieß, zählte er gerade einmal 15 Jahre und hatte sich seine Sporen doch schon bei John Mayall verdient. Klassisch ausgebildet und mehr als kompetent an Bass, Klavier, Gitarre und Ge­­sang, war Fraser der Sohn eines farbigen Schotten guineischer Abstammung und einer weißen Engländerin, die sich getrennt hatten, als er gerade mal sechs war. Er wuchs im London der 50er Jahre auf und musste sich ein dickeres Fell als die meisten zulegen – tägliche „Nigger“-Schmährufe auf dem Spielplatz waren die Norm.

Wie Rodgers eher klein und schmächtig, hielt er unter einer granitharten Schale seine Hippie-Philosophie am Leben. Keiner von beiden hatte große Geduld mit Dummköpfen. Es wurde oft gestritten. Doch wenn sie zusammen spielten, herrschte immer Frieden. „Andy und ich fingen dann an, ernsthaft zusammen Songs zu schreiben“, so Rodgers. „Ich schrieb ›Fire And Water‹ und Andy arrangierte es. Bei ›Heavy Load‹ kam Andy mit der Musik ins Studio, wo ich dann Melodie und Text hinzufügte. Auf allen Stücken, die wir verfassten, teilten wir uns den Autoren-Credit.“

„Paul war sehr gut als Texter und hatte immer die passenden Gesangsmelodien. Meine Stärke bestand darin, alles zu strukturieren“, so Fraser, der Rodgers als den temperamentvollen, manchmal brüsken Schützen und sich selbst als den übersensiblen Krebs-Typen beschrieb. „Wir waren wie Yin und Yang. Wenn es funktionierte, lief es spektakulär. Aber wenn nicht …“

Ich traf Andy erstmals vor über einem Jahrzehnt, als ich schon einmal über Free schrieb. Anders als die meisten Musiker blieb Andy gerne in Kontakt. Neben diversen Zeitschriften-, Radio- und Fernsehinterviews, die wir über die Jahre führten, schickte er auch mal E-Mails oder bat um ein Skype-Gespräch, um mich über seine di­­versen Soloprojekte auf dem Laufenden zu halten. Irgendwann erwähnte er mal ganz beiläufig, dass er vor nicht allzu langer Zeit die HIV-Diagnose erhalten hatte.

Laut seinen einstigen Bandkollegen war Fraser hart, drahtig und manchmal bitterböse, aber letztlich auf eine gutmütige Art. Er behauptete zudem, glücklich mit seinem Schicksal zu sein: die geheime Zutat bei Free, die den Absturz von den ruhmreichen Tagen von FIRE AND WATER in die Schatten der Quasi-Versenkung als kleines Opfer für die neu gewoennene persönliche Freiheit betrachtete. „Wir wussten, dass er ein bisschen wohlhabender sein musste, als er im Taxi zu einem Vorspielen auftauchte“, so Kirke.

Free waren weder Revolutionäre wie die Beatles, noch Pioniere wie die Rolling Stones. Sie befanden sich auf keinem gottgleichen Trip wie Hendrix, hämmerten ihre Blues-Einflüsse auch nicht in majestätische Klanggewalt wie Led Zeppelin. Doch ihre Musik verkörperte das Milieu der frühen 70er wie kaum eine andere britische Band ihrer Zeit.

FIRE AND WATER war zwar ihr drittes Album, doch als sie es in zwei Sessions Anfang 1970 aufnahmen, spielten sie erst seit 18 Monaten zu­­sammen. „Es ging nur darum, Alben zu machen“, erzählte mir Fraser, „wir verloren keinen Gedanken daran, was eine gute Single abgeben würde.“

Sie waren eine veritable Groove-Maschine und ihre beste Musik brillierte mit Raum, Zeit und hexenhaftem Zauber. Wenn man sich FIRE AND WATER heute anhört, findet man das alles im monumentalen Titelstück. Es muss an dieser magischen Mischung aus dem Langsam-ums-Feuer-tanzen-Riff und Paul Rodgers Revolverheld-Vocals gelegen haben, die einen in einen tranceartigen Zu­­stand versetzten, den man – zumindest 1970 – am besten total bekifft am Boden einer feuchten, aber gemütlichen Wohnung absorbierte, mit brennenden Räucherstäbchen und schwachem Sonnenlicht, das durch die Jute-Vorhänge kroch. Die Sorte von Ort, wo man alle nur „Mann“ und „Baby“ nannte und wo heute längst vergessene Ideale wie „peace“ und „love“ regierten. Dabei hatten sie diese Musik, die so unglaublich entspannt klang, nur durch harte Arbeit erschaffen können. Für ihr Debüt TONS OF SOBS hatten sie 1969 im Wesentlichen einfach ihr Live-Set aufgenommen. „Wir spielten ein paar Tracks ein“, so Rodgers, „zo­­gen dann los, um ein paar Konzerte zu geben, und kehrten zurück, um noch ein bisschen mehr aufzunehmen, bis wir genug für ein Album hatten.“

- Advertisement -

Weiterlesen

Nick Drake: Zum 50. Todestag

Damals verkannt, heute verehrt - der Songwriter starb heute vor 50 Jahren im Alter von nur 26. Er ist das Musterbeispiel für den verkannten Künstler,...

Marcus Trummer: Blues aus Kanadas Prärie

Der junge Aufsteiger aus dem Bundesstaat Alberta hat ein bemerkenswertes Debütalbum vorgelegt. Sein faltenfreies Bübchengesicht täuscht: Der 23 Jahre alte Aufsteiger Marcus Trummer bewegt sich...

Little Steven: Lebensweisheiten

Archiv, 2019 Er ist Little Steven, Gitarrist in Bruce Springsteens E Street Band und gefeierter TV-Darsteller. Für uns denkt der Vielbeschäftigte über seine Musik,...

1 Kommentar

  1. Free war die Band die mich als damaliger Musiker ( Hobby-Gitarrist) mit am meisten beeinflusst hat.
    Paul Kossoff war neben den anderen damaligen Gitarren-Heroen der für mich bedeutendste bezüglich der Ton-Formung, des Sounds den er unnachahmlich zelebrierte.
    Für mich einer der besten Blues-Rock-Gitarristen der leider viel zu früh verstarb.
    Free ist für mich eine der besten Bands die die Blues-Rock-Ära hervorgebracht hat. Bin dankbar dafür , dass ich in diesem Zeitfenster selbst aktiv als Musiker und Fan teilhaben konnte.
    Diese Musik und ihre Interpreten begleiten mich Tag täglich bis zum Ende meiner Tage.
    Rolf-Jo-Maier

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

- Advertisment -

Welcome

Install
×