›Shapes Of Things‹
Die Zukunft nimmt Gestalt an, 1968
Schon 1967 hatten Jimi Hendrix, Cream und The Who den Rock auf den Kopf gestellt und die Grenzen dessen, was in der Musik möglich war, neu definiert. Aber 1968 wurde die Kreativität aller drei von endlosen Tourneen, vor allem in den USA, zunehmend aufgezehrt.
Ian Paice (Deep Purple): Es begann Mitte der 60er mit Cream, Hendrix und The Who. Wir waren alle von diesen drei begeistert. Als The Who sich bemerkbar machten, hob das den Rock’n’Roll auf ein neues Level. Die Lautstärke nahm unglaublich zu. Cream machten sich die Musikalität der Sache zu Eigen und spezialisierten sich darauf. Und dann eröffnete sich eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten.
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Jack Bruce (Cream): Diese lange US-Tour von Februar bis Juni 1968 führte zum Ende der Band, einfach weil man drei Typen nicht so lange in einem Auto einsperren kann, und weil wir nie Zeit zum Schreiben hatten.
Eric Clapton (Cream): Im „Rolling Stone“ war ein Interview mit uns erschienen, in dem wir uns selbst über alle Maßen lobten, gefolgt von einer Kritik, in der unser Konzert als langweilig bezeichnet wurde. Dieser Realitäts-Check haute mich um. Ich war in einem Restaurant und fiel in Ohnmacht. Als ich wieder aufwachte, beschloss ich, dass das das Ende der Band sein würde.
Jimi Hendrix (in einem Radiointerview): Ich kann nicht mehr so Gitarre spielen, wie ich will. Ich werde auf der Bühne sehr frustriert, wenn wir spielen… Immer wenn wir in die Stadt kommen, schauen immer alle zu uns auf und suchen nach irgendeiner Antwort auf das, was ihnen passiert und…das fühlt sich gut an…aber es ist sehr schwer.
Noel Redding (Jimi Hendrix Experience): Wir standen die letzte Tour durch, indem wir uns ständig sagten: „Dies ist unsere letzte US-Tour. Wir können das…“, wenn wir uns wie der aufgewärmte Tod fühlten.
Terry Reid: Alle Bands trennten sich oder gründeten sich, oder trennten sich und reformierten sich. Es war wie Scrabble, alles flog in alle Richtungen. Die Musik veränderte sich. Nicht die Industrie, aber die Gruppen, und der Single-Markt war zum Albummarkt geworden.
Zwei ehemalige Yardbirds-Gitarristen standen schon mit großen Plänen in den Startlöchern. Einer war Jeff Beck, dessen gleichnamige Group ihr Debütalbum im August 1968 veröffentlichte und die Blaupause für das ablieferte, was noch kommen sollte. Der andere war Becks alter Gegner Jimmy Page, der seine neue Band zusammenstellte, zunächst als The New Yardbirds.
Mick Box (Spice/Uriah Heep): Als Jeff Becks TRUTH erschien, fing alles an, sich zu verändern. Er und Led Zeppelin. Ich sah Zeppelin im Cooksferry Inn in Edmonton. Ich saß vor John Bonhams riesigem Drumkit, das so gigantisch war, dass sie es kaum auf die Bühne bekamen. Plant war nicht davor, sondern daneben. Sie waren sehr, sehr aufregend.
Jimmy Page (Led Zeppelin): Ich wollte, dass die Band eine Verbindung von Blues, Hardrock und akustischer Musik mit heavy Refrains spielt – eine Kombination, die zuvor noch nicht erkundet worden war. Ursprünglich wollte ich Terry Reid als Sänger und zweiten Gitarristen, aber er hatte gerade bei Mick Most als Solokünstler unterschrieben. Er sagte, ich solle Robert Plant kontaktieren, der damals bei einer Band namens Obbs-Tweedle war.
Terry Reid: Jeder kannte jeden. Ich wurde Teil des Pools. Ich wurde gefragt, ob ich der Band beitreten wolle, aus der dann Led Zeppelin wurden. Jimmy Page fragte auch Steve Marriott und Stevie Winwood, weil er einen Sänger und Gitarristen wollte.
John Paul Jones (Led Zeppelin): Sobald ich John Bonham spielen hörte, wusste ich, das wird fantastisch. Wir fanden als Team sofort zusammen.
Neil Warnock (Booking-Agent): Ich kontrollierte die Bookings bei vielen Colleges im Zentrum von London und sah die Entwicklung von, zum Beispiel, den Yardbirds zu Led Zeppelin. Wir mussten sie als „Led Zeppelin – ehemals The Yardbirds“ ankündigen. Sie wollten das nicht, aber ich musste den Kids einen Wiedererkennungsfaktor geben, um Karten zu verkaufen.
Page und Beck waren nicht die Einzigen, die kurz vor einer Revolution standen. Über das Jahr 1968 begann eine wachsende Bewegung von Bands am unteren Ende der Nahrungskette des Rock, die Verstärker weiter aufzudrehen. In London taten sich Mitglieder von Black Cat Bones und Wilde Flowers als Free zusammen, während in Birmingham eine kaum bekannte Bluesband namens Earth damit anfing, ihren Sound härter zu machen.
Andy Fraser (Free): Am ersten Abend, als wir uns trafen, um für einander vorzuspielen, wussten wir, dass wir es hatten. Da gab es einfach keinen Zweifel. Also hatten wir keine Angst, gegen jeden anzutreten. Wir tourten mit The Who, Small Faces, Family, einfach allen, aber wir hatten immer noch absolutes Vertrauen zueinander.
Mick Box: Ich sah Free ganz am Anfang ihrer Karriere in einem Pub in Wood Green. Ihre Geradlinigkeit und Energie hauten mich um.
Andy Fraser: Robert Plant kam in Birmingham zu unserem Konzert. Danach kam er ins Hotel für einen Jam, was damals gängige Praxis war, und sagte uns, er habe gerade einen Posten bei den New Yardbirds für gutes Geld angeboten bekommen.
Jim Simpson (Manager von Earth/Black Sabbath): Ich hatte in Birmingham im September 1968 einen Bluesabend unter dem Titel „Henry’s Blues House“ ins Leben gerufen und Tony Iommi und Ozzy Osbourne traten als Mitglieder bei. Sie kamen häufig vorbei und wir unterhielten uns über ihre Band namens Earth. Ich wurde dann ihr Manager. Sie waren eine Bluesband, aber sie wollten in eine neue Richtung gehen. Und selbst damals schon war Ozzy absolut packend auf der Bühne.
Ozzy Osbourne (Earth/Black Sabbath): Ich ging auf dieselbe Schule wie der Gitarrist, Tony Iommi. Er war in einer Band namens Mythology mit Bill Ward, dem Schlagzeuger. Ich war in einer Band namens Rare Breed mit Geezer Butler. Ich mochte die Band nicht. Der fucking Gitarrist war ein Tyrann. Geezer war derselben Meinung und wir beschlossen, auszusteigen. Ich hängte in einem Musikladen in Birmingham eine Annonce auf und Tony und Bill kamen vorbei. Wir nannten uns Earth.
Tony Iommi (Earth/Black Sabbath): Es war sehr schwierig, das zu tun, was wir taten, denn damals gab es nur Soul- und Blues-Clubs.
Keith Law (Velvet Fogg): Viele Musiker trafen sich nach den Gigs in Birmingham an Orten wie dem The Cedar, Rum Runner, Opposite Lock, Rebecca’s, und danach im Alex’s Pie Stand. Es herrschte eine tolle Kameradschaft.
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