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Titelstory: Aerosmith – Tanz auf dem Vulkan

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Titelstory: Aerosmith – Tanz auf dem Vulkan

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Hamster, Prothesen, Pippi in Tüten

Ganz zu schweigen von Bassist Tom, der den Krebs nun schon zwei Mal erfolgreich bekämpft hat, davon zwar deutlich gezeichnet ist, aber trotzdem seinen Einstand als Aersomith-Sänger feiert. Mit einer netten Blues-Nummer namens ›Up On A Mountain‹, die sich zwar nur auf der 18-Track-CD findet, aber doch Mut macht. Eben, dass das letzte Epos ihres auslaufenden Sony-Vertrags vielleicht doch nicht der Schlusspunkt einer unvergleichlichen Karriere mit über 150 Millionen verkaufter Tonträger ist. Dass da neben einer angestrebten Welttournee für 2013 (die auch in Deutschland haltmachen wird) vielleicht noch ein bisschen mehr kommt. Obwohl: Hamilton, Kramer und Whitford, das Rückgrat der Luftschmiede, haben vorgesorgt. Der Drummer mit einem eigenen Internet-Kaffee-Versand (www.rockinandroastin.com), der Rhythmusgitarrist mit einem Filmskript, das Obskuritäten und witzige Anekdoten der Bandgeschichte vereint („Wir hatten schon alles auf der Bühne: Hamster, Fußprothesen und Beutel mit warmen, gelbem Inhalt“). Und der Bassist – nicht ganz so erfolgsträchtig – mit sogenannten „Obscene Babys“, die ihm sichtlich peinlich sind und für lautes Gelächter seiner Kollegen sorgen: „Erinnert ihr euch noch an diese Beanie Babies aus den 90ern, diese bunten Stofftiere? Damit haben meine Kinder immer gespielt – und sind mir so auf die Nerven gefallen, dass ich ein paar Figuren entwickelt habe, die so aussahen, als wären sie gerade von einem LKW überfahren worden. Ich habe sie Obscene Babies genannt und ein paar Tausend Stück davon produzieren lassen. Leider wollte die keiner haben – sie stapeln sich immer noch in meiner Garage.“

Der ganz normale Wahnsinn

Ein amüsanter Schlusspunkt, denn danach geht es in die Höhle des Löwen: In die Suite, in der Steven Tyler und Joe Perry zur zweiten verbalen Runde bitten – und bei der sehr schnell deutlich wird, wo hier und heute der Schuh drückt bzw. wo das aktuelle Problem innerhalb der Band liegt. Nämlich bei unterschiedlichen Managements, die sich mindestens so spinnefeind sind, wie Tyler und Perry selbst. Namentlich Howard Kaufman, der Tom Petty, Fleetwood Mac, Jackson Browne und 4/5 Aerosmith vertritt, sowie Pop-Titan Simon Fuller, dessen Managementfirma XIX Entertainment nicht nur Lewis Hamilton, David Beckham und Ehefrau Victoria betreut, sondern seit neuestem auch den Aerosmith-Sänger. Was in einem Interessenskonflikt erster Güte gipfelt. Denn Fuller, geistiger Schöpfer der Spice Girls und umsatzstarker Castingshows, hat dem 64-jährigen Rock-Oldie nicht nur lukrative Werbedeals mit Burger King, TV-Auftritte in „Two And A Half Man“ und die Juroren-Rolle in „American Idol“ verschafft, sondern damit auch einen weiteren, riesigen Keil zwischen die Fronten getrieben.

Was zur Folge hat, dass man trotz des starken neuen Albums echte Grabenkämpfe austrägt, überall arglistige Verschwörungen wittert und nichts und niemandem traut. Am allerwenigsten der Presse, die womöglich versuchen könnte, beide Seiten gegeneinander auszuspielen. Weshalb Journalisten vor Beginn des 30-minütigen Talks (geplant waren 45) noch einmal grundlegende Verhaltensnormen und Richtlinien eingetrichtert werden. Motto: Du musst alle neuen Songs gehört haben, absolut textsicher sein, darfst dich nur auf das Album konzentrieren und ja keine privaten Fragen stellen. Fehlt nur noch, dass frisch geputzte Zähne und gesalbte Füße Pflicht sind.

Rockstar-Shit

Aber: Tyler und Perry – und das ist nicht nur ernüchternd, sondern geradezu erschreckend – halten sich auch selbst an diese Vorgaben. Weshalb die beiden reifen Herren in ihren wallenden Hemden, Tüchern und Haaren, mit denen sie in jeder Folge von „Fluch der Karibik“ mitwirken könnten, denn auch seltsam gehemmt wirken, sich betont diplomatisch geben und auf Schmusekurs setzen. Eben wie Politiker bei der Koalitionsbildung oder als hätte man ihnen eingebläut, so unverbindlich wie eben möglich zu sein. Was darin gipfelt, dass Tyler im Hinblick auf die elfjährige Pause von schlechtem Karma und familiären Verpflichtungen sinniert, die aktenkundigen Drogenprobleme und Solo-Ambitionen unter dem Begriff „Rockstar-Shit“ zusammenfasst – und folgerichtig auch nicht näher erläutern will. Während Perry, ein sturer Bock mit neckischen blonden Strähnchen in der Löwenmähne, den sprichwörtlichen Vogel abschießt. Auf die offenkundig humorvolle Frage, ob Steven Tyler als Fernsehpromi noch schwieriger sei als früher – was nicht zuletzt zur Auflockerung der verkrampften Situation dienen soll -, setzt er zu einem epischen Monolog an, wie toll sein Sänger sei, was für unglaubliche Talente er habe, und dass es quasi ein Geschenk Gottes sei, dass er sich im Rahmen einer solchen Casting-Sendung ausleben konnte.

„Ich habe mich für ihn gefreut – also dass er endlich ein weiteres Ventil gefunden hat. Denn er hat so viel Energie, und die Sendung war geradezu perfekt für ihn. Er konnte da ganz er selbst sein. Und er hat Aerosmith dafür ja nie aufgegeben, sondern im letzten Winter an beiden Sachen gleichzeitig gearbeitet. Keine Ahnung, wie er das hingekriegt hat, aber ich bewundere ihn dafür. Und ich denke, dass sich der Kick, vor einem Millionenpublikum im Fernsehen aufzutreten, auch auf die Energie dieses Albums übertragen hat. Also dass das eine das andere beeinflusst hat. Und dass es ihn kreativ beflügelt haben muss, neben J. Lo zu sitzen und all diesen Kids wichtige Lektionen mit auf den Weg zu geben.“ Ein zweiminütiger Monolog, der CLASSIC ROCK fast die Schuhe auszieht. Eben, weil dass hier eher etwas von einem FDP-Parteitag, als von einer der exzessivsten und wildesten Rockbands der 70er und 80er hat. Weil Aerosmith mal für fliegende Fäuste, harte Drogen, hemmungslosen Groupie-Konsum und frontalen Konfrontationskurs mit allem und jedem standen – eben für die berühmten Toxic Twins Tyler/Perry, gegen die selbst die Glimmer Twins Jagger/Richards wie ein gutbürgerliches Kaffeekränzchen wirken. Aber was die beiden hier abliefern, ist Schmierentheater, ist einstudiert und einfach nur falsch. Sprich: So kann es nicht weitergehen – weil dabei nichts herumkommt.

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