›Wild Horses‹ (1971)
Als ich ›Wild Horses‹ zum ersten Mal hörte, habe ich es zwei Tage lang in Dauerschleife laufen lassen.
Noch heute bekomme ich jedes Mal Gänsehaut. Wenn du eine Ballade schreiben willst, ist das der Maßstab.
Ricky Warwick, Black Star Riders
Die Stones gehören zur absoluten Spitze der besten Bands der Welt. Ich habe sie viermal gesehen und sie sind immer fantastisch. Die Seite, die ich an ihnen am liebsten mag, ist wenn sie in Richtung amerikanische Country-Musik gehen. Wenn ich irgendwo in einem Pub bin und gebeten werde, ein Lied zu singen, entscheide ich mich normalerweise für ›Wild Horses‹. Es ist einfach wunderschön.
Geo Tate, Operation:Mindcrime
[Halestorm-Gitarrist] Joe Hottinger und ich beschlossen mit 19, nie wieder einen normalen Job anzunehmen. Also erarbeiteten wir uns eine vierstündige Akustikshow, um Geld reinzubringen. ›Wild Horses‹ war einer der Songs, die wir jeden Abend spielten, fünf Abende die Woche. Fürs Wochenende buchten wir dann Gigs mit Halestorm. Außer der Einsamkeit, die man auf Tour fühlt, weiß ich nicht mal, worum es in dem Lied geht, aber aus irgendeinem Grund berührt es mich tief. Und jetzt, wo ich darüber nachgedacht habe, wird es mir noch die nächsten zwei Tage durch den Kopf gehen.
Lzzy Hale, Halestorm
›Bitch‹ (1971)
Ich hatte einen Schwager, der ein Riesen-Stones-Fan war. Led Zep waren meine Band, aber ich begann, mich zu fragen, was mir da entging. Nach einigen Nachforschungen hatte ich angefangen, Keiths Wurzeln und den Stil seines Gitarrenspiels richtig zu schätzen. Und dann erschien STICKY FINGERS. Als ich lernte, ›Bitch‹ zu spielen, färbte das auf meinen eigenen Gitarrenstil ab. Diese beiden Noten zusammen – die fünfte und die Oktave –, die knickt man gleichzeitig. Deshalb tat Keith das, und ich tue das selbst oft. Das findet sich auf ›Reckoning Day‹ und so vielen meiner eigenen Songs. Keith ist für mich so wichtig. Mein Gitarrenstil ist so einzigartig, weil er ein bisschen von ›Bitch‹ und ein bisschen von ›Stone Free‹ [von Jimi Hendrix] ist, und die Leute begreifen das wahrscheinlich nicht. In der Vergangenheit habe ich Witze gemacht und einige nicht so nette Dinge über Keith gesagt. Als mir klar wurde, dass ich heroinabhängig bin, dachte ich mir: „Cool, ich bin wie Keith Richards“. Aber ich glaube, diese Geschichte wurde drastisch überzogen dargestellt, und anscheinend nahm er gar nicht so lang Heroin.
Dave Mustaine, Megadeth
›Can’t You Hear Me Knocking‹ (1971)
Meine Lieblingsphase der Stones sind die späten 60er, als sie sich zu diesem irgendwie dreckigen, funky Sound hin entwickelten, und ›Can’t You Hear Me Knocking‹ ist ein perfektes Beispiel für diese Ära. Das eröffnende Riff ist so eingängig und zieht einen in den Song hinein. Der andere Teil, den ich daran liebe, ist das Ende, das sich auf einige Minuten streckt und bei dem Mick Taylor diese ganze Jam-Strecke mehr oder weniger leitet. Es ist eines dieser Lieder, die einem nie langweilig werden. Ich habe gehört, der Song habe verschiedene Bedeutungen. Er beziehe sich auf Drogen und kommt von Mick Taylor, der anklopfte, anklopfte, anklopfte. Als die Jungs ihn endlich reinließen, sagte er: „Can’t you hear me knocking?“ [Hört ihr mich nicht anklopfen?] Offenbar schrieben sie das dann auf die Stelle. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, aber das habe ich immer wieder gehört. STICKY FINGERS – diese Zeit der Stones ist einfach eine der besten.
Charlie Benante, Anthrax
Ich liebe das Format von ›Bohemian Rhapsody‹ und ›Stairway To Heaven‹ und ›Band On The Run‹ – diese „Reise“-Songs, die von Punkt A nach Punkt B nach Punkt C und Punkt D gehen und ganz woanders enden, als sie angefangen haben. ›Can’t Your Hear Me Knocking‹ ist der „Reise“-Song der Stones. Das ist fast ihre Version des Progrock, wenn man so will. Es führt einen auf diesen Weg und man weiß nicht, wo der enden wird. Und ich bin mir nicht sicher, dass die das selbst wussten, als sie es schrieben. Ich weiß gar nicht, wer das tatsächlich geschrieben hat. Es heißt [in den Autoren-Credits] immer „Jagger and Richards“, aber bei den Stones weiß man nie, wer was verfasst hat. Das hätte genauso gut der verfickte Gitarrentechniker sein können. Aber das ist egal, denn musikalisch ist hier alles vertreten. Da ist Bobby Keys [Saxofon], dieses umwerfende Gitarrensolo von Mick Taylor, da ist Charlie Watts. Ich liebe Charlies Schlagzeugspiel darauf. Irgendjemand fragte mich neulich, was ihn so großartig mache. Es ist dieser unverwechselbare Backbeat, der hat eine gewisse raue Eleganz. Ich habe die Stones diverse Male live gesehen und es ist immer dasselbe. Sie fangen an und es ist, als wären sie sich selbst nicht sicher, welchen Song sie spielen sollen. Doch nach zwei, drei Stücken hat sich das zu etwas Großartigem verfestigt. Und die nächsten zwei Stunden ist man dann völlig verliebt in das, was immer noch die grandioseste lebende Rock’n’Roll-Band aller Zeiten ist.
Taylor Hawkins, Foo Fighters
›Let It Loose‹ (1972)
Es gibt da dieses eine Lied, das niemand liebt, und ich finde es brillant. Es ist von EXILE ON MAIN ST. Ich fühlte mich schon immer angezogen von den Stücken, die nicht die Hits für die jeweilige Band waren. Dieses fällt definitiv in diese Kategorie, und die meisten sollten es auch kennen. Sie haben wahrscheinlich davon gehört, ohne es tatsächlich angehört zu haben. Es ist fucking großartig, hat einen tollen Gesang und wundervolle Gitarrenpassagen.
›Tumbling Dice‹ (1972)
Ich bin wohl eher ein Fan ihrer Alben als von einzelnen Songs, aber einer der absolut besten wäre wohl ›Tumbling Dice‹. Ich liebe das ganze Album, und ›Tumbling Dice‹ ist nicht nur mit das Beste von der Band, sondern einer der Alltime-Klassiker des Rock überhaupt. Wenn man es sich anhört, ist das Gefühl, das aus den Lautsprechern strömt, einfach so freudvoll. Andere wie die Faces oder Ronnie Lane konnten manchmal ein bisschen melancholisch werden, und dafür muss es auch Platz geben, aber die Stones ließen das meistens links liegen. Diese Nummer strahlt solch eine positive Energie aus. Und genauso wichtig ist, dass die Produktion und die Darbietung der Band sich fast so anfühlen, als wäre man bei ihnen im Studio.
Rich Robinson, The Magpie Salute
Es ist schwer zu sagen, warum ich dieses Stück so liebe. Es scheint mir, dass, wann immer die Stones sich daran machten, etwas aufzunehmen oder einen Song zu schreiben, sie es nicht allzu ernst nahmen und es einfach nur so aus ihnen herausfloss. All diese großartigen Platten, die sie gemacht haben … Für mich fühlt es sich an, als mussten sie sich dafür nie besonders anstrengen. Es muss etwas aus der Ära mit Mick Taylor sein. Da gibt es eine ganze Generation, die nicht weiß, wie viel er diesen besonderen Platten gegeben hat. Ich hatte das große Glück, unlängst mit Mick zu spielen, und ich sah die Stones auf der GOAT’S HEAD SOUP-Tour [1973]. Von EXILE ON MAIN ST. würde ich absolut alles empfehlen, aber STICKY FINGERS ist natürlich auch verdammt gut.
Für mich ist ›Tumbling Dice‹ nicht nur der perfekte Stones-Song, sondern auch der perfekte Song, Punkt. Alles daran, vom Gitarrenriff am Anfang über die Background-Sängerinnen und den Text bis hin zu den Harmonien, ist perfekt. Die Stones spielen hier mit dem Country – schon immer meine liebste Stones-Kombination – und geben ihm und dem Gospel ein bisschen dreckigen Rock’n’Roll hinzu. Für mich war das die Basis für die Herangehensweise von Aerosmith … Da ist sehr wenig Blues in ›Tumbling Dice‹, genauso wie bei all meinen Lieblingsliedern von den Stones und Aerosmith. Es gefällt mir nicht, wenn Sachen zu einer schlechten Version des Blues werden. Wenn ich mir heute ›Tumbling Dice‹ anhöre, wird mir klar, wie viel ich davon geklaut habe. Natürlich nicht bewusst, denn das wäre viel zu offensichtlich, aber bei manchen Dingen kann man einfach nicht anders. Ich habe das oft kopiert, obwohl hoffentlich nicht allzu viele Leute erraten können, an welchen Stellen. Aber ich weiß es, und das reicht.
Ginger, Wildhearts
›Angie‹ (1973)
Als Kind wuchs ich mit diesem Lied im Radio auf. Das war noch, bevor ich anfing, mir Bands richtig anzuhören und sie zu schätzen. Das hörte ich immer wieder und ich hatte keine Ahnung, von wem es war. Ich wusste nicht mal, was ein „rolling stone“ war. Zu meiner großen Überraschung, als ich dann begann, Musik wertzuschätzen, entdeckte ich, dass diese so emotionale Ballade von ihnen war. ›Angie‹ berührte mich als Kind und tut es heute als Erwachsener noch immer.
Je Scott Soto, Sons Of Apollo
›It’s Only Rock’n’Roll (But I Like It)‹ (1974)
Obwohl es noch andere Stones-Nummern gibt, die ich genauso sehr liebe wie ›It’s Only Rock’n’Roll‹ – darunter auch ›Jumpin’ Jack Flash‹, was eines der besten Riffs aller Zeiten hat –, wird dies immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben, weil es die erste Single war, die ich mehr je gekauft habe. Ich war neun und holte mir außerdem noch das Album KILLER von Alice Cooper. Der Song hatte damals einen sehr großen Einfluss auf mich, und auch heute hört es sich noch so scharf an. Es klingt, als würde alles zerfallen, und das tut es in gewisser Weise auch. Aber es ist perfekt. Die Stones waren schon immer die größte Garage-Band der Welt. Neben so großartigen Songs war das seit je her ihr Charme. Heutzutage, genauso, wie wenn ich einen Song von AC/DC höre, will ich bei dieser Nummer sofort zur Bar rennen und einen richtig, richtig großen Drink bestellen.
Conny Bloom, Electric Boys
›Memory Motel‹ (1976)
Bestimmt keiner der ganz großen Hits, dafür aber ein Roadmovie, der für mich immer – gerade was das Songwriting betrifft – Maßstäbe gesetzt hat. Den Hauptteil hat Mick geschrieben, ihm fehlte nur noch so was wie eine Bridge und da Keith noch ein passendes Songfragment rumliegen hatte, wurde daraus der Mittelteil, den er praktischerweise dann auch selbst gesungen hat. So kam es zum außergewöhnlichsten und berührendsten Duett der Stones-Geschichte. Die Gitarren haben übrigens, da Mick Taylor kurz zuvor ausgestiegen und Ron Wood noch nicht wirklich eingestiegen war, Wayne Perkins und Harvey Mandel gespielt, das Grand Piano Mick Jagger selbst, Keith das über Leslie gespielte Fender Rhodes und Billy Preston Synthesizer. Bei der besungenen Hannah handelt es sich anscheinend um die Fotografin Annie Leibowitz, die die komplette US Tour ’75 begleitete und mit Jagger damals wohl eine Affäre hatte. Der Meister selbst sagt, dass der Song weniger von einem Mädchen handele, als von einer Tour. Boston, Baton Rouge, San Anton, 10.000 Meilen durch 15 Staaten. Da kann man schon mal die Übersicht verlieren.
Wolfgang Niedecken, BAP
›Fool To Cry‹ (1976)
Ich bin ein Fan der Stones – ein richtig großer. ›Fool To Cry‹ hat eine so magische Atmosphäre, es ist so verzaubernd und magisch. Die Orgel ist so sinnlich, und wenn Mick Jagger dann diese Worte singt … wow. Als ich viel jünger war, sprach ich noch kein Englisch, aber ich verstand trotzdem, worum es ging. Als ich das zum ersten Mal hörte, berührte es mein Herz. Und es hat bis heute diese Wirkung, obwohl ich es schon tausendmal oder noch öfter gehört habe.
›The Spider And The Fly‹ (1965)
Ich habe nicht den einen Lieblingstrack der Stones – dafür gibt es viel zu viele –, also werde ich mich für etwas Außergewöhnliches entscheiden: die B-Seite einer Single. ›The Spider And The Fly‹ war auf der Rückseite von ›(I Can’t Get No) Satisfaction‹. Ihre B-Seiten waren immer umwerfend. Ich hatte damals einen Freund, der hinten in seinem Auto einen Plattenspieler hatte, der 45er abspielen konnte. Wann immer wir zusammen irgendwo hinfuhren, ließ ich ihn diesen Song spielen. Ich hatte das große Glück, die Stones etwa zu der Zeit ihrer Debütsingle ›Come On‹ [Juni 1963] live zu sehen. Das war mein erstes richtiges Konzert und sie spielten damals noch in sehr kleinen Clubs vor ca. 80 Zuschauern. The Zombies gingen geschlossen als Band zu einem ihrer Auftritte im Studio 61 am Leicester Square, da passten höchsten 100 Leute rein. Mick Jagger saß auf einem Barhocker, das war ein sehr puristisches Erlebnis, das Aufregendste, was ich je gesehen hatte. The Zombies hatten noch keine Platte aufgenommen, ich war noch ein Teenager und wohnte bei meinen Eltern. Ich weiß noch heute, wie ich um zwei Uhr morgens meine Mutter aufweckte und ihr sagte: „Ich habe gerade die fantastischste Gruppe gesehen“. Worauf sie antwortete: „Ja, mein Schatz, das hast du sicher. Lass uns morgen früh darüber reden“.
Rod Argent, The Zombies
›Beast Of Burden‹ (1978)
Ich liebe so viel an diesem Song. Er hat einen so tollen Rhythmus und der Text ist großartig, das fällt mir als Texter auf. Aber am besten überhaupt ist, wie Jagger mit dieser Melodie groovt. Wir [Buckcherry] mochten ›Beast Of Burden‹ so sehr, dass wir unsere eigene Version für unser Covers-Album COVERS: VOLUME ONE [2014] aufnahmen.
Josh Todd, Buckcherry
›Start Me Up‹ (1981)
Ich würde mich nicht als großen Stones-Fan bezeichnen, aber ein Stück mag ich ganz besonders, und aus einem besonderen Grund. Jedes Mal, wenn ich ›Start Me Up‹ höre, erinnert es mich an ›One Vision‹ von Queen und ich frage mich, wo sie das herhatten. Dann höre ich ›I Believe In A Thing Called Love‹ von The Darkness und mir wird klar, dass das von ›One Vision‹ beeinflusst war. Wann immer ich ›Start Me Up‹ höre, frage ich mich wieder, wie viele andere Songs es wohl inspiriert hat. Vielleicht finde ich eines Tages heraus, wo es sich die Stones ausgeborgt haben.
Tobias Sammet, Edguy/Avantasia
›Under Cover Of The Night‹ (1983)
Hier spricht mich nicht nur die Musik an, die grandios ist, sondern auch der politische Aspekt. Es geht darum, was damals in Mittel- und Südamerika passierte – und natürlich war Mick damals auch mit Bianca verheiratet [die in Nicaragua geboren war]. Das behandelt der Text: „All the young men, they’ve been rounded up/And sent to camps back in the jungle/And people whisper, people double-talk/Once proud fathers act so humble“. Ich liebe einfach den Klang der Gitarren darauf, sie haben etwas wirklich Tiefes und Boshaftes an sich. Sie fielen mir zuerst auf, als ich den Song das erste Mal hörte. Nach ›Under Cover Of The Night‹ sind meine weiteren Favoriten der Stones ›Sympathy For The Devil‹ und ›Not Fade Away‹, in dieser Reihenfolge.
Steve Hogarth, Marillion
›You Got Me Rocking‹ (1994)
Ich sah die Rolling Stones mal in Walthamstow mit Engelbert Humperdinck, aber ich möchte betonen, dass ich damals zehn war. Jagger trug damals selbst noch kurze Hosen. Diese Zeile ist unschlagbar: „I was a butcher cutting up meat/My hands were bloody, I’m dying on my feet“. Als [der einstige UFO-Bassist] Pete Way in der Band war, bat ich ihn ständig, das für mich zu spielen. Ich liebe die Stones, aber das Schlimme bei ihnen ist, dass man gern vergisst, dass sie eine Rockband sind. Da ist so viel Tamtam, Tratsch und generelles Getöse um sie herum, dass man leicht vergessen kann, dass sie eine R’n’B-angehauchte Gruppe sind. Und das ist eine Schande. Wenn man den ganzen Medienzirkus beiseite schiebt, sind sie einer der besten weißen R’n’B-Bands, die dieses Land je hervorgebracht hat.
Phil Mogg, UFO
Text: Dave Ling, Dave Everley, Polly Glass, Philip Wilding