0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Sweet: Die Band mit den drei Gesichtern

-

Sweet: Die Band mit den drei Gesichtern

- Advertisement -

Ich glaube, ich bin einer der wenigen Menschen in meinem Alter, die kein Spotify nutzen. Ich denke, wenn man einmal damit anfängt, gibt es kein zurück mehr… Das glaube ich auch. Schau, ich bin ja nicht bei Social Media. Wenn man mich irgendwo bei Facebook sieht, kann man davon ausgehen, dass nicht ich dahinterstecke. Aber ich habe mir sagen lassen, dass man Streaming-Dienste gut manipulieren kann. Und dass einige Künstler dort so groß sind wie sie sind, kann auch daran liegen. Oft hat das gar nichts mit qualitativer Musik zu tun. Ich möchte jetzt keine Namen nennen, aber Spotify schlägt den Hörern ja konstant Musik vor und das kann ausgenutzt werden. Scheinbar gibt es außerdem Leute, die sich die ganzen Vorschläge anhören, weil es ihnen egal ist oder keine Ahnung wieso. Als ich jung war, war man ein Fan von Künstlern. Wenn man Sweet mochte, wollte man vielleicht nicht Slade oder Marc Bolan hören, aus Loyalität heraus. Das muss jetzt nicht zwingend gut sein, aber man hat sich einfach mehr damit beschäftigt.

Und die Kunst, ein ganzes Album aufmerksam durchzuhören, geht verloren. Früher war das ein Event! Ich erinnere mich daran, wie Mick Tucker und ich auf Tour waren und Koffer-Plattenspieler dabei hatten. Wir waren gerade in Deutschland und das neue Deep-Purple-Album kam heraus. Am Tag der Veröffentlichung rannte ich in den Plattenladen und kaufte mir BURN. Im Hotelzimmer legten wir die LP auf den Teller, hörten das ganze Album durch – das war wie ein Event, etwas Besonderes. Da drückst du nicht weiter, weil du dir kurz nicht sicher bist, ob dich der Track sofort einnimmt. Es war ja schon problematisch mit den CDs, weil da theoretisch bis zu 70 Minuten draufpassen. Das ist zu lang, sogar für mich. 20 Minuten auf der A-Seite, ein paar Drinks, ein Gespräch, dann 20 Minuten auf der B-Seite, das reicht und ist eine runde Sache. Anfang der 70er Jahre hing ich mit vielen Leuten ab, die absolut audiophil waren. Die hatten unglaublich tolle Soundsysteme. Man ging dort hin, aß gemeinsam zu Abend und dann gab es eine Listening Session. Das war eine erfüllende Abendgestaltung. Während Musik lief hielt man den Rand, danach unterhielt man sich darüber. (lacht) Wahrscheinlich sind die Leute heutzutage zu beschäftigt für so etwas, sie müssen ja schließlich irgendwo im Internet dumme Kommentare abgeben.

In den 80er Jahren, als er schon bei AC/DC einstiegen war, produzierte ich Brian Johnsons erstes Soloalbum.“ (Andy Scott)

Das letzte Mal, als ich so neue Musik gehört habe, war bei POWER UP von AC/DC. ›Realize‹ gefiel mehr sehr gut. Mit unserer vorletzten Single ›Still Got The Rock‹ waren wir zeitgleich mit AC/DC in den Charts. Ich kenne Brian ja schon lange, schon seit damals, als er noch bei Geordie war. In den 80er Jahren, als er schon bei AC/DC einstiegen war, produzierte ich sein erstes Soloalbum. Ich hatte ein gutes Team im Studio und Brian wollte unbedingt mit uns arbeiten, weil ja klar war, dass ab seinem Einstieg bei AC/DC solo nicht mehr viel passieren würde. Dann kam der Manager von AC/DC ins Studio und hörte sich die Platte an. Wenn er es für Mist gehalten hätte, hätte er wahrscheinlich einfach gesagt: ‚Ihr dürft das nicht veröffentlichen, das klingt scheiße.‘ Aber es klang wirklich gut, deswegen mussten sie Brian aus seinem Vertrag herauskaufen – zumindest sehe ich das so. Die Tapes existieren noch, aber das Album wurde nie fertiggestellt. Tatsächlich habe ich ihn seitdem nicht mehr gesehen.

Ihr solltet über diese Tapes sprechen und sie veröffentlichen! Ich sag dir was: Wenn die Plattenfirma da nicht wirklich drauf geachtet hat, dann sind die Tapes inzwischen zu Staub zerfallen. Was man mit alten Tapes immer versuchen kann ist, dass man sie im Ofen bäckt und dann hast du genau einen Versuch, das Ding zu digitalisieren, also zu überspielen. Es gibt ein, zwei Firmen in England, wo ich meine alten Tapes hinschicke und die Ansage ist immer: ‚Vielleicht klappt es, vielleicht aber auch nicht.‘ Ich hatte Glück, bisher konnte ich immer alles digitalisieren, weil ich stets Acht gab auf mein Archiv. Aber viele Menschen lassen das irgendwo im Keller verrotten.

Retrospektiv betrachtet bestand Sweet aus drei verschiedenen Bands: der Pop-Band, der Glamrock-Band und der Hardrock-Band.“

Zurück zu Sweet: Wir sprachen über Singles wie ›Wig Wam Bam‹ und ›Little Willy‹ – die neigten sich schon mehr Richtung Rock statt Pop, oder? Ab ›Little Willy‹ kann man den Einfluss der Band mehr hören. Auch wenn das Grundgerüst nicht von uns kam, haben wir immer noch etwas zum Song beigesteuert, dafür gesorgt, dass die Arrangements etwas komplexer wurden. Der wahre Sound der Band jedoch formte sich bei ›Wig Wam Bam‹. Der Sound von Gitarre und Schlagzeug klingt genauso, wie er sollte. Ab da hatten wir ja auch den größten Erfolg. Nicky Chinn wollte uns immer stark kontrollieren, uns nicht zu viel Eigeninitiative zugestehen, weil er dachte, dass wir sonst abhauen würden. Mike Chapman meinte eher: ‚Wenn du sie nicht auf den Alben oder Singles spielen lässt, hauen sie sowieso ab.‘ Und damit hatte er absolut Recht. Aber Phil Wainman war nun mal ein Produzent, der die besten Ergebnisse erzielen wollte. Er sagte zwar nicht, dass wir schlechte Musiker waren, aber er fand, dass wir noch nicht gut genug geschult waren. Deswegen wollte er Studiomusiker engagieren. Chapmans ›Wig Wam Bam‹ klang ja schon eher nach The Who, wenn du dir den Gesang wegdenkst. All das war wirklich eine Gratwanderung, aber auch ein natürlicher Prozess. Retrospektiv betrachtet bestand Sweet aus drei verschiedenen Bands: der Pop-Band, der Glamrock-Band und der Hardrock-Band. Und dann gibt es noch Songs wie ›Love Is Like Oxygen‹, wo zur Hölle soll man das einordnen?

Steve hatte ja sowieso einige interessante Outfits am Start.Ohja, er ließ sich von „Clockwork Orange“ inspirieren, er schminkte sich das eine Auge nach diesem Vorbild, es sah schon fast ein wenig nach Kiss aus.

Und natürlich das weltberühmte „gay Hitler“ Outfit. Was war denn da los? Ich muss ehrlich betonen, dass wir davon nichts wussten. Wir standen in der Umkleide von „Top of the Pops“ und Steve verschwand. Dann sprach er mit jemandem von der Kostümabteilung und irgendwo im Haus wurde gerade eine Kriegs-Sendung ausgestrahlt. Irgendwann kam er zurück in genau jenem Outfit, das du gerade beschrieben hast. Wir waren alle ziemlich erstaunt und mussten sehr lachen. Ich meinte nur zu Steve: ‚Mal sehen, ob man dir das durchgehen lässt.‘ (lacht) Das war eine Weihnachtssendung und wir räumten richtig ab, jeder fand es zum Schreien komisch. „Irgendwann meinte dann jemand zu uns: ‚Hört mal Leute, wir haben ein Problem, Brian ist ein Alkoholiker.’“ (Andy Scott)

- Advertisement -

Weiterlesen

Marcus Trummer: Blues aus Kanadas Prärie

Der junge Aufsteiger aus dem Bundesstaat Alberta hat ein bemerkenswertes Debütalbum vorgelegt. Sein faltenfreies Bübchengesicht täuscht: Der 23 Jahre alte Aufsteiger Marcus Trummer bewegt sich...

Little Steven: Lebensweisheiten

Archiv, 2019 Er ist Little Steven, Gitarrist in Bruce Springsteens E Street Band und gefeierter TV-Darsteller. Für uns denkt der Vielbeschäftigte über seine Musik,...

Aktuelle Ausgabe: CLASSIC ROCK #135 jetzt im Handel!

Die neue Ausgabe von CLASSIC ROCK ab sofort überall im Handel erhältlich! Oder hier direkt versandkostenfrei bestellen... Titelstory: Queen 40 Jahre THE WORKS +...

5 Kommentare

  1. Ein sehr guter Artikel und ein sehr authentisches Interview das mich als Sweet Fan der ersten Stunde (Ich besitze fast alle LPs und fast alle Singles) sehr berührt hat. Da ich selbst Musiker bin kann ich vieles sehr gut nachempfinden was Andy so fühlt. Ich hatte mit 14 meine erste Schulband und Heute bin ich 60 vorbei. Nach diesem Interview dachte ich auch über den Tod nach. Er gehört nun mal zum Leben, das ist so. Es stimmt mich nur traurig das es dann mit der Musik vorbei ist. Musik war und ist mein Leben. Ich hab eine ausreichende Pension und spiele mit über 60 sicher nicht für die paar Hundert Euro im Monat. Es ist einfach Leidenschaft und Sucht. Wir gehen Alle einmal aber…Rock n’Roll will never die.

  2. Danke Andy fr diese offenen und ehrlichen Worte.
    Auch daß Du dabei fair Deinen Freunden gegenüber bleibst.
    Es erfüllt mich weiterhin mit Stolz seit 1971 ein Sweetfan aus tiefem Herzen zu sein.
    Allen Fans und der Band alles Gute und weiterhin viel Power „Sweetpower“
    Euer Jürgen aus Stutensee bei Karlsruhe

  3. Ein wundervolles Interview, was mich sehr berührt hat. Seit früher Jugend bin ich Fan von Sweet. Hier stimmt mich diese Geschichte der Band schon etwas traurig, das es so ein Ende nahm. Trotzdem höre ich mit Freude die Platten. In den 90ern hab ich einmal Brian live erlebt und war sehr erschrocken, das es nicht mehr so klingt wie früher.
    Was bleibt, ist die Erinnerung. Die Musik lebt ewig. Danke dafür ❤️

  4. Ich mochte die Sweet nie wegen deren ständigen Stilwechsels.
    Das Interview war trotzdem gut, weil es ehrlich war.
    Hier spricht ein Mensch und keine Fragebeantwortungsmaschine vom Typ Scorpions.

  5. Danke,
    ich war von 73 bis 81 extremer Fan und habe natürlich immer noch ALLE Platten (auch Bootlegs).

    Leider hat das was Andy seit 30 Jahren macht, nicht mehr mit SWEET zu tun.
    Ständig wechselnde Sänger, unzureichende Instrumentierung und ein begrenzter Drummer.
    Dazu noch eine Setlist, mit Bubblegum-Hits, die schon Mitte der 70 er nicht mehr gespielt wurden.
    Warum dann heute?
    O.K., beim Fußballverein oder Bierzelt mag das noch Bedingung sein. Aber in einem Rockclub, Wacken oder Swedenrock? NO!

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

- Advertisment -

Welcome

Install
×