Roky Erickson spielt nach fast fünfzig Jahren zum ersten Mal die Musik der legendären 13th Floor Elevators – das darf man sich nicht entgehen lassen. Natürlich lässt sich darüber streiten, ob der Entertainment-Tempel White Trash mit seinem aufgesetzten Rock’n’Roll-Charme ein angemessener Veranstaltungsort für dieses psychedelische Kultur-Ereignis ist, doch die Vorfreude überragt und der Berliner Tourismus-Magnet ist trotz üppiger Ticketpreise ausverkauft bis auf den letzten Platz. Das buntgemischte Publikum will tanzen, in Erinnerungen schwelgen und – sicher nicht zuletzt – seine Ehrerbietung zum Ausdruck bringen, gegenüber einem Ausnahmekünstler, der nach einem sehr bewegenden Leben den Weg zurück auf die Bühne geschafft hat. Als Roky Erickson um 20:30 Uhr auf dem Sessel vor seinem Mikrofon Platz nimmt und mit ›Fire Engine‹ den Abend eröffnet, gibt es kein Halten mehr.
Hunderte von Armen schnellen in die Höhe und bejubeln den überraschend rüstigen Gesang des 68-Jährigen, der über die Jahre vielleicht ein wenig an Volumen, jedoch nichts von seiner berührenden Wirkung verloren hat. Berlin klebt an Rokys Lippen, die sich beim Betrachten der strahlenden Fans immer wieder zu einem freundlichen Grinsen formen. ›Earthquake‹, ›I Had To Tell You‹, ›She Lives (In A Time Of Her Own)‹ und die psychedelische Hymne ›(I’ve Got) Levitation‹ folgen und The Hounds Of Baskerville erweisen sich schnell als hervorragende Begleitband. Allen voran Jegar Erickson, Rokys Sohn, der in die Rolle des jungen Tommy Hall schlüpft und ebenso passioniert den stilprägenden Tonkrug spielt oder in die Mundharmonika bläst.
Nach dem Mega-Hit ›You’re Gonna Miss Me‹ verlässt Roky die Bühne, um nur wenige Sekunden darauf mit ›If You Have Ghosts‹ und ›Two Headed Dog‹, zwei Nummern seiner späteren Werke, den denkwürdigen Auftritt abzurunden. Der Abend endet in einem ohrenbetäubenden Applaus, der an Aufrichtigkeit nicht zu übertreffen ist. Danke Roky! Auf das du uns noch viele Jahre erhalten bleibst!