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Titelstory: Roger Daltrey – „Ich bin kein braver Junge“

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Titelstory: Roger Daltrey – „Ich bin kein braver Junge“

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Roger Daltrey The Who

Inzwischen hast du auch das Kiffen drangegeben, weil du absurderweise eine Allergie dagegen entwickelt hast, stimmt das?
So ist es, ich reagiere generell allergisch auf Rauch. Das schlägt mir ex­­trem auf die Stimme, also habe ich es irgendwann gelassen. Eine ziemliche Ungerechtigkeit! (lacht) Jetzt, wo es überall legalisiert wird und man kaum noch Probleme damit bekommt, kann ich nicht mehr kiffen, weil ich allergisch reagiere.

Neben dem Verzicht auf Drogen bist du noch in anderer Hinsicht eher Rock’n’Roll-untypisch: Du bist seit 1968 mit deiner zweiten Frau Heather zusammen. Was ist euer Geheimnis?
Ich war sehr ehrlich zu meiner Frau, als ich sie geheiratet habe: „Dir muss klar sein, in welcher Branche ich ar­­beite“, habe ich gleich am Anfang zu ihr gesagt. „Du musst wissen, dass ich immer wieder sehr, sehr lange weg von zu Hause sein werde. Und ich werde dich nicht anlügen, indem ich nach einer Tour nach Hause komme und sage, ich war ein braver Junge. Das wird nicht passieren, denn ich bin kein braver Junge.“

Also hast du sie auf den Tourneen auf Ansage betrogen?
Meine Güte, ich war damals in einer der größten Rockbands der Welt, was meinst du, was da los war? Aber habe ich jemals eine andere auch nur an­­satzweise so geliebt wie sie? Nein, das habe ich nicht.

Und damit konnte sie leben?
Unsere Beiziehung basiert auf Ehrlichkeit, damit konnte sie immer umgehen. Ich habe ihr gesagt, wie ich ticke und sie hatte die Wahl, darauf einzugehen oder nicht. Sie ist eine wunderbare Frau, ich verehre sie! Sie gibt mir eine ganze Menge Kraft.

Ihr habt drei gemeinsame Kinder, außerdem hast du zwei Söhne aus vorangegangenen Beziehungen. Hatte eins deiner Kinder jemals In­­teresse, ebenfalls Musik zu machen oder in der Entertainment-Indus­trie zu arbeiten?
Gott sei Dank nicht, ich bin überaus froh darüber. Die Entertainment-Industrie, wie sie sich heute präsentiert, das Popgeschäft, das ist doch alles nur noch Treibgut, alles bricht zusammen, davon sollte man sich fernhalten. Ich würde es hassen, wenn eins meiner Kinder ein Teil von diesem Geschäft wäre.

Stimmen die Gerüchte eigentlich, dass Pete und du aktuell gemeinsam ein neues The-Who-Album schreibt?
Nein, das stimmt nicht, wir arbeiten aktuell an gar nichts. Es gab mal ein paar lose Gespräche, aber ich brauche eine konkrete Richtung, um in eine Sache einzusteigen.

Ihr seid nach wie vor oft auf Tour, diesen Sommer führst zu zudem eine Orchester-Version von TOM­MY auf. Hast du nicht manchmal das Bedürfnis, es etwas ruhiger an­­gehen zu lassen?
Ich muss immer in Bewegung bleiben und mir Arbeit suchen, während wir mit The Who nicht aktiv sind. Wenn ich in meinem Alter aufhöre, zu singen, ist direkt alles weg. Die Stimme ist wie ein Muskel, den man ständig trainieren muss. Mir bleibt also gar nichts anderes übrig.

Während deiner Karriere wurde der Rock’n’Roll immer wieder für tot erklärt, in den letzten Jahren wirkt er tatsächlich nicht sehr vital. Junge Leute hören heute überwiegend HipHop.
Es gibt kaum noch Wahrhaftigkeit da draußen, das ist alles eine einzige Mogelei. Trotzdem ist das Unsinn: Rock’n’Roll ist nicht tot, das wird niemals passieren. Soul wird zurückkommen! Ich organisiere ja diese Charity-Konzerte für den Teenage Cancer Trust und vor einiger Zeit haben Nile Rodgers und Chic bei uns gespielt. Der Saal war voll mit jungen Leuten. Alle sind völlig ausgeflippt, die Leute wollen diese Art von Musik wiederhaben, das sage ich dir! Sie wollen singen und tanzen und dafür wird es höchste Zeit. Wenn ich mir heutzutage bei vielen Konzerten das Publikum angucke … Alle wippen im Gleichtakt mit den Armen in der Luft herum wie eine wie eine Armee gottverdammter Schafe.

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