Fleißig, fleißig: 28 neue Songs vom „Originalquerdenker…
Das also ist das jüngste Plattenprojekt von Van Morrison,und der Einfachheit halber heißt es auch so. Was umso bemerkenswerter ist, da ihm diese erfrischende Klarheit, mit der er die Dinge beim Namen nennt, bekanntlich nicht immer zu eigen war: Sein Hang zur Mystik, zum Rätselhaften und Spirituellen, ließ bisweilen selbst ambitionierte Exegeten recht harte Nüsse knabbern, doch Stücke wie ›Where Have All The Rebels Gone‹ oder der vom Lockdown inspirierte Sarkasmus von ›Deadbeat Saturday Night‹ sind erfreulich unzweideutig.
Womit das Stichwort gefallen ist: Morrison hatte pandemiebedingt viel Zeit, die er konstruktiv nutzte, denn 28 Songs auf zwei CDs oder drei LPs sind zweifellos ein Statement – und das VOLUME 1 im Titel lässt sogar noch mehr erwarten. Der Bo-Diddley-Beat von ›Stop Bitching, Do Something‹, der an Sam Cookes ›Wonderful World‹ erinnernde Soul von ›No Good Deed Goes Unpunished‹, der funky Groove von ›Why Are You On Facebook?‹ und das selbst erklärende ›Thank God For The Blues‹ markieren die stilistischen Eckpunkte, was so aber auch zu erwarten war.
Dass der Grat zwischen Nonkonformismus und Verschwörungsgelaber verdammt schmal sein kann, legt ›They Own The Media‹ nahe, denn wer uns genau all die Lügen verzapft, lässt Morrison leider unerwähnt. Was die anfangs gelobte Klarheit bedauerlicherweise doch wieder relativiert, denn wer derartige Vorwürfe erhebt, sollte Ross und Reiter nennen– sonst nähern wir uns einer „gefühlten Realität“, die mit der Wirklichkeit bekanntlich wenig zu tun hat.
Van Morrison, LATEST RECORD PROJECT VOLUME 1, BMG/WARNER