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Plattenladen-Challenge: Michael Monroe

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Plattenladen-Challenge: Michael Monroe

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Bei der Nazareth-Abteilung bleibt er ebenfalls stehen und erzählt, wie er sich bei einem Gespräch über Nazareth mit Axl Rose angefreundet hatte. Ein Altar voller Platten der lokalen 70er-Helden namens Hurriganes versetzt ihn zurück auf die Straßen Helsinkis in den späten 70ern, als er vor den „James Dean Kids“ wegrannte. „Sie waren eine Kreuzung aus Teddys und Skinheads und vermöbelten alle, die anders aussahen. Einige Menschen starben sogar. Ich musste einige Male die Beine in die Hand nehmen. Andy McCoy hatte die coolste Offiziersjacke in Signalrot mit Leoparden-Aufnähern, dazu Creepers und einen 50er-Haarschnitt mit bunten Strähnen. Ich trug eisblaue Vinyl-Hosen und Klamotten aus einer psychiatrischen Klinik. Eigentlich glich es einem Suizid, mit langen Haaren rumzulaufen, aber wir dachten uns, wenn sie nicht wissen, in welche Schublade sie uns stecken sollen, lassen sie uns vielleicht in Ruhe. Das Level an Intoleranz damals war unglaublich.“ Er holt eine kleine Lautsprecherbox heraus und feuert Hurriganes zweites Album ROADRUNNER ab, während er zu Gitarrist Albert Järvinens Soli Luftgitarre spielt. Egal wohin Monroe geht, es ist eine Aufführung.

Wer also wissen möchte, wie eines der besten Tom-Petty-Alben entstanden ist, sich entwickelt hat, wie es sich alternativ anhört, der findet hier seinen Segen.

Als er Tom Pettys WILDFLOWERS sieht, singt er den ganzen, obskuren Bonus-Track namens ›Girl On LSD‹ vor. Nur ein Exempel seines detaillierten Wissens. Er schnappt sich MC5s KICK OUT THE JAMS und erklärt, was er mit der Bezeichnung „junkie touch“ meint: „Man weiß, dass einige Spieler ihre Drogen mehr liebten als ihre Instrumente, aber die Haltung dahinter war großartig.“ Dann greift er untertänig zum jüngsten Cheap-Trick-Album IN ANOTHER WORLD und zählt jeden Gig auf, den die Band jemals in Finnland spielte. Danach erspäht er eine Platte von Iggy Pop: „Erst hörte man sich Punk an, dann begriff man, wo das alles herkam – von Iggy And The Stooges und MC5. Diese Typen waren eine echte Revolution. Der Regierung gefiel das gar nicht. So nah waren wir nie wieder dran an den Machthabenden – sie wussten nicht, was sie damit anfangen sollten, weil alles so friedlich ablief. Sie konnten uns nicht mit Gewalt begegnen.“ Das erinnert ihn plötzlich daran, wie Stiv Batos von den Dead Boys sich Iggy Pops berühmten Bühnen-Move – bei dem er sich das Mikrofonkabel um den Nacken wickelt – abgeschaut hatte und dabei fast draufging. „Stiv, die einzige Person, die schon mal auf einer Bühne gestorben ist und überlebt hat. Er verfing sich in der Lichtanlage und hing dort. Den Roadies fiel auf, dass er blau anlief und sich anpisste. Er war einige Zeit lang klinisch tot, bevor sie ihn im Krankenhaus wiederbelebten. Ein andern Mal zog ihm jemand eins mit einer Flasche über und er sang einfach solange weiter, bis er durch den Blutverlust ohnmächtig wurde.“ Wild geworden arbeitet er sich durch die Platten wie ein besessener Vinyl-Junkie, beschimpft einen Kerl, der ihn ohne Erlaubnis filmt und stolpert schließlich über eine Sparte, die wie für ihn gemacht scheint: Queen, Pink Floyd, Thin Lizzy, T-Rex, the Stones, the James Gang und Deep Purple. Einziger Ausfall in dieser Reihe ist Hall & Oates, „oder wie Stiv sie gerne nannte, Hall & Ass. Hey, wo sind denn hier die Michael-Monroe-Platten?“ Vielleicht denkt er, dass er ein wenig von der Kohle abbekommt, wenn er seine eigenen Platten kauft, vielleicht ja seine jüngste I LIVE TOO FAST TO DIE YOUNG.

Hat er eigentlich zu schnell gelebt, um jung zu sterben? „Ja“, meint er grinsend. „Ich bin 60 Jahre alt, ich kann nicht mehr jung sterben, oder? Ich lebe in den Tag, ich zähle meine Jahre nicht. Wenn du im Kopf jung bleibst, bleibst du für immer jung. Ich wollte meine kindliche Neugier immer behalten, diese Lust aufs Leben. Es wäre doch langweilig, eines Tages aufzuwachen und sich zu denken: ‚Ich bin jetzt gut genug, ich muss es gar nicht mehr versuchen.‘ Aus 34 Songs ausgesiebt ist I LIVE TOO FAST TO DIE YOUNG eine schrille Rockplatte „mit mehr Luft und Tiefe und Abwechslung“ geworden. Songs wie ›Murder The Summer Of Love‹ beschäftigen sich mit dem Phänomen, aufregende Bewegungen wie die Hippie-Zeit zu zerstören, nur um sie später nostalgisch verklären zu können. ›Young Drunks, Old Alcoholics‹ zeichnet den unvermeidlichen Fall eines jeden Rockstars nach, der zu viel mit Mr. Jack getanzt hat. „Die Industrie liebt menschliche Unfälle, bis zu dem Punkt, an dem es nicht mehr lustig ist“, erklärt ein Mann, der solche Ausfälle auf wundersame Weise vermieden hat. „Ich war nie gerne betrunken, ich fühlte mich krank und dumm, ich musste mich übergeben. Mein Lieblingspart an der ganzen Sache war immer der nächste Tag, wenn du spürtest, wie das Gift langsam deinen Körper verlässt. Ich hatte auch mit Dämonen zu kämpfen, ich machte harte Zeiten durch – Acid, Speed, all das war involviert – aber ich lernte daraus. Bei einem Trip gelangte ich auf die andere Seite, ich hatte eine außerkörperliche Erfahrung und ich sah, dass dies mein letzter Trip gewesen sein würde. Ich schwebte im Wasser – ich war bereits zwei Tage wach von einem dieser Trips, auf denen Donald Duck abgedruckt war – und sprach mit meinem Schutzengel, der eigentlich eine höhere Form meines Ichs war. Und ich fühlte mich großartig, alles war perfekt, ich wusste nun, wohin mich mein Lebensweg führen würde. Ich sollte Texte schreiben, die wirklich etwas bedeuten. Alles machte plötzlich Sinn. Das war eine Erleuchtung.“ Und so wirbelt der Hurricane mit seinen Käufen in der Hand zur Tür hinaus und rein ins nächste Café, wo er seinen Lautsprecher aufdreht und zu ›Fingerprint File‹ und – ehrlich bizarr – Geordies ›Geordie’s Lost His Liggie‹ mitsingt, einem Folk-Song, in dem Brian Johnson davon erzählt, wie er eine Murmel im Klo verliert. Zumindest für einen Nachmittag hat Helsinki heute wirklich gerockt.

Michael Monroes Einkäufe:

Ramones – LEAVE HOME

„Sie retteten den Rock’n’Roll. Sie schrieben kurze Songs, keine Solos, dumpfe Texte, brillant. Sie stießen damit eine echte Revolution an. Große Bands bestanden aus reichen Rockstars, die in ihren Schlössern lebten und Lieder schrieben, mit denen sich niemand wirklich identifizieren konnte. Ellenlange Soli, egozentrischer Mist, der die Leute einschläferte. Dann kamen die Ramones und plötzlich musste man kein Virtuose sein, solange man Songs schrieb, die relevant waren und eine Reaktion hervorriefen. Ein guter Tritt in die Ärsche all jener reichen Rockstars, die den Bezug zur Realität verloren hatten.

Ramones – ROCKET TO RUSSIA

ROCKET TO RUSSIA war ihr Meisterwerk. Die dritte Platte, immer noch keine Gitarrensoli, jeder Song war großartig. Außerdem liebe ich die Cartoons.

Foo Fighters – MEDICINE AT MIDNIGHT

Ein großartiges Exempel für die Weiterführung dieser Tradition. Dieses Album ist unglaublich gut produziert, es klingt fantastisch. Als die Foo Fighters vor zwei oder drei Jahren in Helsinki spielten, luden sie mich auf die Bühne ein, damit ich ein bisschen Mundharmonika spielte. Die Show beendeten wir mit AC/DCs ›Let There Be Rock‹ mit mir am Gesang.

Tom Petty – WILDFLOWERS

Die B-Seite der Single war ›Girl On LSD‹, die hier als Outtake mit drauf ist. Auf dieser Version ist eine der Gitarrensaiten einen Hauch verstimmt. Neben Bruce Springsteen, John Fogerty und Ian Hunter ist er einer der größten Songwriter.

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