Auf Kabel Eins laufen momentan Spielfilme aus den 80ern wie „Nummer 5 lebt!“ und „Crocodile Dundee“, aber dieser Abend hat mit derartiger Nostalgie nichts zu tun. Peter Gabriel performt zwar das komplette SO-Album von 1986, zeigt aber, wie visionär und innovativ seine Musik bereits vor fast 30 Jahren war und heute immer noch ist.
Zu Beginn des visuell und akustisch spektakulären Konzertes in der fast ausverkauften Olympiahalle dürfen Gabriels schwedische Background-Sängerinnen Linnea Olsson und Jennie Abrahamson, die später den Part von Kate Bush bei ›Don’t Give Up‹ singt, Songs aus ihren Solowerken präsentieren und ernten höflichen Applaus dafür. Nach einer kurze Pause betritt dann der Meister bei voller Hallenbeleuchtung die Bühne, setzt sich ans Klavier und erklärt in sehr gutem (abgelesenem) Deutsch den dreiteiligen Ablauf der Show.
Der akustische Part beginnt mit der neuen Nummer ›Obut‹, mit Gabriel am Klavier und dem legendären Tony Levin am Bass. Für die weiteren „stromlosen“ Stücke wie ›Shock The Monkey‹ holt der 64-Jährige, der immer noch über eine große Stimme verfügt, die restlichen Musiker der 1987er Besetzung auf die Bühne und das Publikum begrüßt Gitarrist David Rhodes, Keyboarder David Sancious und besonders Manu Katché an den Drums voller Begeisterung.
Der Enthusiamus steigert sich, als die Beleuchtung ausgeht und bei gleißendem weißen Spotlight der elektrische Akt mit Klassikern wie ›Family Snapshot‹ und ›Digging In The Dirt‹ startet. Jeder Ton und jeder Spot sitzen perfekt und alle scheinen genau zu wissen, wann eine der zahlreichen Kameras ihr Konterfei auf die Leinwände überträgt. Einzig die gelegentlichen gemeinsamen Choreographien von Gabriel, Levin und Rhodes sind nicht hundertprozentig synchron, sorgen aber für sympathische menschliche Effekte innerhalb der State-of-the-Art-Sci-Fi-Produktion. Besonders intensiv wirken und strahlen die roboterartigen Scheinwerfer. Überhaupt ist der menschliche Aufwand an Kameraleuten, Beleuchtern und Roadies gewaltig.
Gewaltig wird dann auch endlich SO mit ›Red Rain‹ in blutrotem Licht eingeläutet und mit dem Megahit ›Sledgehammer‹ fortgesetzt. Dabei sind es gar nicht mal die großen Chartbuster, die am meisten Resonanz generieren, sondern die SO-Schlussnummer ›In Your Eyes‹ sorgt für die stärkste Bewegung. Gerade während dieses Stücks ist bei Gabriel zu erkennen, wie sehr er sich freut, wieder mit den alten Weggefährten unterwegs zu sein.
Bei der ersten Zugabe ›The Tower That Ate People‹ kommt zum zweiten Mal das Ufo-artige Gebilde von der Hallendecke zum Einsatz, das Gabriel kurz umhüllt und ihn dann zum Finale natürlich wieder freigibt. Nach einer kurzen Ansage setzt das humanitäre und klangliche Statement ›Biko‹ den Schlussstrich unter ein technisch und popmusikalisch anspruchsvolles Konzert, das in dieser Brillanz auch noch die nächsten Jahre und Jahrzehnte relevant sein wird.