Punk-Original vom Hudson River
Man mag das gar nicht glauben: Vielleicht 80 Leute – wohlgemerkt, inklusive Band – verlieren sich im Münchner Orangehouse. Dabei lässt sich Jesse Malin hierzulande selten genug sehen, zuletzt 2004. Und nur wenige Künstler im breiten Feld zwischen Singer-/Songwriter-Eloquenz und messerscharfem Big-Apple-Punk haben einen eindrucksvolleren Bühnenact zu bieten als der 48-jährige New Yorker.
Ein drahtiger Italoamerikaner, die obligatorische Schiebermütze windschief auf den schwarzen Locken – Malin könnte der kleine Bruder von Miami Steve oder ein Sohn von Robert de Niro sein. Er strahlt diese asphaltharte New Yorker Coolness aus, Street-Cleverness gepaart mit Eastcoast-Kultiviertheit, feinste (Selbst-)Ironie inbegriffen. In Songs wie ›Outsiders‹, ›The Archer‹ und dem wunderbaren Opener ›She Don’t Love Me Now‹ kombiniert er denn auch den Geist von Joey Ramone mit dem Blue-Eyed-Soul von Dion DiMucci, wobei er zwischendurch noch seine halbe Lebensgeschichte erzählt (plus die seiner Musiker). Die famose dreiköpfige Begleitband, zu der sich gelegentlich zwei Bläser gesellen, prügelt ihren Rock’n’Roll mit elektrisierendem Energielevel in den kleinen Saal und verpflanzt ihn so für knapp anderthalb Stunden an die Lower East Side. Grandioser Auftritt mit ebensolchem Abgang: Als Zugabe erst das Clash-Cover ›Rudy Can’t Fail‹, dann das epische ›You Know It’s Dark When Atheists Start To Pray‹ mit anschließender Bläser-Prozession ins Off. Glücklich darf sich schätzen, wer dabei war.