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Ginger Baker: Früchte des Zorns

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Ginger Baker: Früchte des Zorns

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Ginger Baker in white jensenDie alten Wunden brachen immer wieder auf. Creams Reunion-Shows in der Albert Hall – wo 1968 auch das vorerst letzte Cream-Konzert über die Bühne gegangen war – wurden 2005 als triumphale Rückkehr gepriesen. Baker packte für ›We’re Going Wrong‹ mal wieder die Paukenschlegel aus und drehte mit seinem legendären Schlagzeug-Solo in ›Toad‹ die Zeit zurück. Das Publikum drehte durch, applaudierte drei Minuten lang. Diese alten Recken hatten die Tricks noch drauf, und genau dafür hatte das Publikum die sündteuren Tickets ja auch gekauft. Doch als Cream dann sechs Monate später drei weitere Shows im Madison Square Garden spielten, kehrte das schlechte Karma zurück. „Jack benahm sich plötzlich anders“, erinnert sich Baker, „er grabschte sich das Mikrofon und tanzte über die Bühne. Was für ein Wichtigtuer. Den Gig in der Albert Hall habe ich sehr genossen, aber der Madison Square Garden war eine verdammte Katastrophe. Vor den Augen des Publikums flippte Jack komplett aus und versuchte mich runterzumachen, weil ich bei ›We’re Going Wrong‹ angeblich zu laut gespielt hätte. Später hat er sich zwar dafür entschuldigt, aber so läuft’s eben nicht. Sich erst daneben benehmen und dann entschuldigen – genau wegen solcher Sachen haben wir uns schon 1968 getrennt.“

Laut Baker verdienen Brown und Bruce an Cream noch immer mehr Geld als er und Clapton. „Ist das etwa gerecht? Ich habe einen Brief von Brown erhalten, da schrieb er, dass ich dankbar für all seine tollen Texte sein sollte, dafür dass ich mit Cream überhaupt Geld verdiene. Ich kann diese beiden Typen einfach nicht ausstehen. Sie haben Eric und mir Cream einfach gestohlen. Ich bestand darauf, dass Eric für ›Sunshine Of Your Love‹ einen Autorencredit erhält, und ich rechnete natürlich damit, dass jemand sagt: ‚Okay, und was machen wir mit dem guten alten Ginger?‘ Nichts passierte. Es war immer schon total unfair. Früher lief das so: Eric kam zum Üben, sagte, dass er ein großartiges Riff hätte. Worauf Jack dann antwortete: ‚Schön und gut, aber ich habe ein paar fertige Songs.‘ Und wenn wir die nicht spielen wollten, bekam er einen verfluchten Wutanfall.“

Die Animositäten in Creams Rhythmusgruppe hatten bereits damals eine lange Tradition. Als Bruce und Baker noch bei Graham Bond spielten, war es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf der Schlagzeuger dem Bassisten gar mit Mord gedroht hatte. Baker ging daraufhin in sich und beschloss, gegenüber Bruce nie wieder Gewalt anzuwenden. Wäre da nicht ein Anti-Aggressions-Training sinnvoll gewesen? „Verdammt noch mal, nein! Meine Lösung bestand darin, an der Bar so viele Gläser zu kippen, bis ich vergessen konnte. Hätte das nicht geklappt, wäre ich zurückgekehrt und hätte ihn verprügelt.“

Die persönlichen Spannungen zwischen Baker und Bruce erreichten ihren Höhepunkt während der ausgiebigen US-Tourneen 1967 und 1968. „Musikalisch harmonierten sie perfekt“, erzählt Clapton, „doch auf persönlicher Ebene lief alles falsch, sie rieben sich aneinander auf. Wir kamen an den Punkt, wo wir privat nichts mehr miteinander zu tun haben wollten, nicht einmal mehr die gleichen Ideen teilten. Wir betraten die Bühne, spielten und gingen danach getrennte Wege. Das war das Ende von Cream. Es hatte sich einfach totgelaufen.“

Baker war froh, Bruce los zu sein – doch er vermisste das Rampenlicht. Der Bassist arbeitete1968 an seinem Solodebüt SONGS FROM A TAILOR, und Clapton galt als vielversprechender Superstar, spielte auf dem „Weißen Album“ der Beatles und jammte gemeinsam mit John Lennon beim extravaganten „Rock’n’Roll Circus“ der Rolling Stones.
Baker fühlte sich abgehängt, doch er hatte einen Plan. Eines Abends fuhr er zu Steve Winwoods Bauernhaus nach Berkshire, und als er in der Tür stand, bot sich ihm ein unerwartetes Bild: Neben Winwood saß Clapton, und beide knallten sich gerade königlich das Hirn zu. Winwood, jung und unbedarft, war hocherfreut ihn zu sehen, Clapton reagierte deutlich reservierter – die altbekannte Furcht kam wieder hoch.

Dennoch gelang es ihnen, den wie immer zurückhaltenden Clapton zu einem neuen Projekt zu überreden, neben Baker, ihm und Winwood sollte als Bassist Rick Grech dazustoßen, ehemals Mitglied von Roger Chapmans Family. Ihre neue „Supergroup“, ironischerweise Blind Faith getauft, debütierte am 7. Juni 1969 bei einem Freikonzert im Londoner Hyde Park. Wobei die Show beinahe gecancelt worden wäre, als Clapton erfuhr, dass Baker erneut auf Heroin war – letzterer behauptet in seiner Biografie allerdings etwas anderes. Blind Faith lösten sich nach einem Album und einigen Shows jedenfalls wieder in Luft auf.

Für Baker war es nicht das einzige Projekt, das zuende ging, bevor es richtig begonnen hatte: Da gab es etwa einen seltsamen Kurzauftritt in John Lydons Post-Sex-Pistols-Band Public Image Limited sowie eine unglückliche Allianz mit den Space-Rockern Hawkwind, auf deren 1984er-Album Do NOT PANIC, THIS IS HAWKWIND er trommelte. Ginger Baker: „Es stimmt, ich spielte 1986 beim Public-Image-Track ›Rise‹, und manche Leute behaupten, ich hätte John Lydon nie getroffen. Was nicht stimmt. Ich traf ihn bei mehreren Gelegenheiten. Ein ziemlich komischer Typ, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Als ich ihn erstmals traf, schnitt er sich gerade die Fingernägel mit einer Rasierklinge. Danach trafen wir uns noch zu einigen Sessions. Auch dabei war der Jazzdrummer Tony Williams, und ich musste später immer darüber lachen, dass die Rezensenten niemals errieten, wer bei welchem Track gespielt hatte. Um ehrlich zu sein: Ich weiß es selbst nicht mehr, aber es ist mir auch scheißegal. Ich nahm einfach nur das Geld. Tony und ich machten uns über diese Platte eher lustig.“

Mit Humor nahm Baker auch sein Engagement bei Hawkwind: „Das war der größte Witz aller Zeiten. Ich brauchte das Geld, und nur deshalb war ich dabei. Bedauerlicherweise sprang nicht viel für mich heraus, denn die Band war ziemlich pleite. Hawkwind waren mehr an ihrer Bühnenshow und dem richtigen Licht interessiert als an ihrer Musik – weshalb ihre Musik dann auch verdammt grauenhaft klang. Wirklich scheußlich. Ich hasste sie. Aber Gott sei Dank war ich auch nicht lange dabei.“

Trotz ihrer seit Jahren währenden Konflikte fanden sich Baker und Bruce 1994 erneut verbandelt, diesmal in der kurzlebigen, formal deutlich an Cream angelehnten Formation BBM mit dem Gitarristen Gary Moore. Baker, der bei allerlei Abenteuern in Nigeria ein Vermögen verloren hatte und zudem das teure Hobby des Polo-Sports betrieb, hatte seiner Teilnahme an BBM nur unter zwei Bedingungen zugestimmt: gute Bezahlung und Flüge von seiner damaligen Wahlheimat Colorado nach Europa in der ersten Klasse. „Wie üblich entschuldigte sich Jack erst einmal wortreich für vergangene Verfehlungen“, erzählt Baker, „und die nachfolgenden Sessions waren für alle Beteiligten recht erfreulich. Allerdings benahm er sich wieder einmal wie mein Boss, behandelte mich wie einen Sessionmusiker. Eine Tournee war in Planung, ich sollte pro Auftritt 50.000 Pfund kassieren. Was ich erst später merkte: Gary spielte so verdammt laut, dass er ständig seine Ohren ruinierte, weshalb mehr Auftritte abgesagt als gespielt wurden.

Die Shows waren ohnehin grässlich. Anders als bei Cream, wurde bei Gary wirklich alles vorher festgelegt. Jedes seiner Soli klang gleich – ich improvisiere lieber. Wir hatten einen Probegig in der Brixton Academy organisiert, und als ich dort eintraf, konnte ich Garys Gitarre schon von der Straße aus hören. Wir spielten dann perfekt Note für Note, ein Scheißauftritt, wie geplant. Am nächsten Tag rief mich dann Garys Manager an, sprach von einem neuen Hörsturz und einem Besuch beim Ohrenarzt. Ich sagte: ‚Warum bringt ihr ihn nicht zu einem verdammten Psychiater, denn das wäre es, was er wirklich braucht.‘ So etwas durfte man über Mister Gott, den Allmächtigen, natürlich nicht sagen.“

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2 Kommentare

  1. Ein absolutes Original in allem was der Typ bisher gemacht hat und einer der besten Drummer die diesen Planten, das Musik-Business hervor gebracht haben. Happy Birthday Ginger auf weitere viele Jahre……..

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