Zu Tage gefördert aus Dylans Archiv: Demos, Radio-Session, Mono-Versionen und weniger Erbauliches.
Eigentlich feiert „His Bobness“ ja erst 2011 seinen 70. Geburtstag, doch bereits jetzt überbieten sich gleich mehrere Veröffentlichungen mit bislang unveröffentlichten Raritäten, lange nicht gehörten Takes und auch manch Altbekanntem. Cynthia Gooding, amerikanische Folklore-Interpretin, die in den fünfziger Jahren für das Label Elektra diverse LPs einspielte, moderierte 1962 in New York eine Radioshow namens FOLKSINGER’S CHOICE. Einer ihrer Gäste: der noch unbekannte Bob Dylan.
Knapp eine Stunde plauderte der junge Folkie aus Greenwich Village in der Rundfunksendung, spielte Gitarre, rauchte Unmengen von Zigaretten und interpretierte die Lieder seiner Helden: Woody Guthries ›Hard Travelin’‹, Bukka Whites ›Fixin’ To Die‹ und Big Joe Williams’ ›Baby Please Don’t Go‹. Aber auch frühe Dylan-Originale wie ›The Death Of Emmett Till‹ und ›Hard Times In New York Town‹ kommen zur Aufführung. Fast noch unterhaltsamer sind allerdings Dylans zum Teil dreist erfundene Antworten auf Goodings Fragen. Etwa wenn er behauptet, er sei sechs Jahre mit einem Wanderzirkus durch die Welt gezogen. Oder wenn er augenzwinkernd prognostiziert, „nie reich und berühmt“ zu werden.
Noch eher arm und unbekannt war Mr. Dylan zumindest, als die in der losen Reihe THE BOOTLEG SERIES als VOLUME 9 zur Veröffentlichung vorgesehenen THE WITMARK DEMOS entstanden. Nicht weniger als 47 Songs spielte er für seine beiden ersten Musikverlage als Demo-Fassungen ein: Im Januar 1962 für Leeds Music, über den Zeitraum von 1962 bis 1964 auch für M. Witmark & Sons. Akustik-Gitarre, Mundharmonika und gelegentliche Klavierbegleitung untermalen Aufnahmen von späteren Klassikern wie ›Blowin’ In The Wind‹, ›Masters Of War‹ und ›Mr. Tambourine Man‹. Auf der Doppel-CD befinden sich allerdings auch jede Menge Kuriositäten und wenig bekannte Songs wie ›Standing On The Highway‹, ›Man On The Street‹, ›Seven Curses‹ und ›Guess I’m Doing Fine‹.
Ebenfalls gesuchte Sammelobjekte sind die ersten acht Mono-LPs von Dylan, die sich in Länge, Instrumentierung und Mix von den Zweikanal-Fassungen oft erheblich unterscheiden. Mit dem 8-CD-Box-Set THE ORIGINAL MONO RECORDINGS, die die Klassiker BOB DYLAN, THE FREEWHEELIN’ BOB DYLAN, THE TIMES THEY ARE A-CHANGIN’, ANOTHER SIDE OF BOB DYLAN, BRINGING IT ALL BACK HOME, HIGHWAY 61 REVISITED, BLONDE ON BLONDE und JOHN WESLEY HARDING enthält, schließt sich nun endlich auch diese Lücke.
Längst etabliert war Dylan, als jene Aufnahmen entstanden, die im 3-CD-Set ORIGINAL ALBUM CLASSICS enthalten sind. Wenig gnädig hinterließ die Produktionstechnik der achtziger Jahre ihre Spuren in Bob Dylans Œuvre. EMPIRE BURLESQUE aus dem Jahr 1985 polarisiert die Gemüter: Relativ starkes Songmaterial (u.a. ›Tight Connection To My Heart‹, ›Dark Eyes‹, ›I’ll Remember You‹) scheuert sich wund an blecherner Instrumentierung – da kann auch die imposante Gästeschar mit Ron Wood, Sly & Robbie sowie Al Kooper nicht gegen anstinken.
Das zum Teil gleiche Personal wirkte 1988 auch auf DOWN IN THE GROOVE mit, ergänzt um Virtuosen wie Mark Knopfler und Eric Clapton sowie Punk-Veteranen wie Steve Jones und Paul Simonon. Schlicht abenteuerlich ist das Tracklisting: Fremdmaterial und Stoff aus Dylans Feder halten sich die Waage. Unterm Strich ein eher verzichtbares Werk. Gleiches gilt auch für das 1990 erschienene UNDER THE RED SKY mit einer illustren Begleittruppe aus George Harrison, Slash, David Crosby, Bruce Hornsby, Stevie Ray Vaughan und Elton John, aber viel zu glatter Produktion von Don Was.
FOLKSINGER’S CHOICE [ 8 ]
// Leftfield Media
ORIGINAL ALBUM CLASSICS [ 5 ]
Empire Burlesque / Down In The Groove / Under The Red Sky Columbia
// Columbia/Sony
THE BOOTLEG SERIES VOLUME 9: THE WITMARK DEMOS [ 9 ]
// Columbia/Sony
THE ORIGINAL MONO RECORDINGS [ 10 ]
Bob Dylan / The Freewheelin’ Bob Dylan / The Times They Are A-Changin’ / Another Side Of Bob Dylan / Bringing It All Back Home / Highway 61 Revisited / Blonde On Blonde / John Wesley Harding Columbia
// Columbia/Sony