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Alle Augen auf The Hellacopters

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Alle Augen auf The Hellacopters

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Es ist eine kleine Sensation, dass The Hellacopters sich nach 14 Jahren Albumabstinenz nun zu ihrem achten Streich EYES OF OBLIVION hinreißen haben lassen. Auch wenn die Platte am 1. April erscheint, ist dies beileibe kein schlechter Scherz, sondern eine grandiose Songsammlung, die alle Stärken der schwedischen Rockinstitution vereint. Grund genug, um bei Bandchef Nicke Andersson durchzuklingeln. Zwischen zwei Tourabschnitten mit seiner Band Lucifer befindet sich der Vollblutmusiker zum Zeitpunkt des Interviews gerade zuhause in seinem Häuschen im schwedischen Outback. Gemütlich von der heimischen Sofaecke aus plaudert Andersson entspannt und offen bei einer Tasse Kaffee über die Reunion der Hellacopters, den eher langwierigen Entstehungsweg des neuen Albums und über die Sache mit dem Druck von außen.

Wann habt ihr euch dazu entschieden, eine neue Hellacopters-Platte zu machen?
Das ist nach und nach passiert. Ich war ehrlich gesagt sehr zögerlich, als wir die ganzen Reunion-Show-Angebote erhielten. Die Anfragen häuften sich nur ein Jahr, nachdem wir uns aufgelöst hatten. Natürlich ist das
sehr schmeichelhaft, aber das war ja nicht der Grund für uns, getrennte Wege zu gehen.

Bei manchen Bands scheint da ja manch- mal etwas Kalkül dabei zu sein …
Ja, das stimmt. Wenn ich zurückschaue, mag das auch bei uns so gewirkt haben, aber es war wirklich nicht geplant. Wir trennten uns, die Angebote rissen nicht ab und nach einiger Zeit war dann viel Wasser den Bach
runtergeflossen. Man wird erwachsener und schließlich unterhielten wir uns darüber, ob das für uns als Band infrage käme. Dann feierte 2016 unser Debüt seinen 20. Geburtstag und wir wurden für einen Gig beim Sweden Rock Festival angefragt. Also wollten wir es mal versuchen und sehen, wie es sich anfühlen würde. Außerdem war die Bezahlung ehrlich gut, das muss man ja nicht verschweigen. Trotzdem wollten wir unbedingt gut abliefern, es ging nicht nur darum, die Kohle einzusacken, so sind wir nicht. Die Show lief sehr gut, am selben Tag erhielten wir ein Angebot für ein Festival in Spanien in der darauffolgenden Woche. Dann erhielten wir immer mehr Anfragen für den nächsten Sommer. Damals begannen wir, uns Gedanken über ein neues Album zu machen. Denn wenn wir das weiterführen wollten, sollten wir nicht nur alte Songs runterbeten. Wir sind zwar älter geworden, aber noch nicht alt genug, um ein Nostalgie-Act zu sein. (lacht) Ich war nicht sofort Feuer und Flamme, weil man für ein Album ja Songs braucht und die musste ich erst einmal schreiben. Ich schlug vor, ein paar Tage ins Studio zu gehen und zu schauen, was passiert. Der Ausgang war völlig offen, deshalb war es uns wichtig, das Ganze nicht in die Welt hinauszuposaunen. Der Entstehungsprozess von EYES OF OBLIVION zog sich im Endeffekt über drei Jahre und, um ehrlich zu sein, das war ein Problem für mich. Wenn ich zu lange warten muss, verliere ich das Interesse an einem Projekt und widme mich anderen Dingen. Aber immerhin haben wir unsere Lektion gelernt. Wir sind eher eine Band, die alles zackig am Stück abhaken sollte.

Wie oft musstest du dein verlorenes Interesse für diese Platte reaktivieren?
Einige Male. Vor einem Jahr meinte ich zu den anderen: „Leute, wir müssen dieses Ding jetzt fertig kriegen, sonst wird das nichts mehr“. Klar, wir alle haben viel zu tun, ich vielleicht am meisten, aber es musste zu
einem Abschluss gebracht werden. Das mag sich für andere stressig anhören, für mich funktioniert das gut. Vielleicht liegt der Release von EYES OF OBLIVION ein bisschen nah an unserer letzten Lucifer-Platte, nächstes Mal lassen wir da etwas mehr Abstand.

Wie alt sind die Ideen auf der Platte? Welcher ist der jüngste Song?
Der jüngste Song ist wahrscheinlich ›Reap A Hurricane‹, der älteste ›Tin Foil Soldier‹. Und der zweite auf dem Album ist auch bereits zehn Jahre alt, den habe ich schon lange herumliegen. Die neueren Ideen entstanden dann einfach spontan, ich kann mich nicht hinsetzen und mit Vorsatz einen Hellacopters-Song schreiben. Bei mir passiert das, wenn es passiert.

Du hast so viele Bands am Laufen: Schreibst du irgendwie immer an neuer Musik?
Immer wenn ich fünf Minuten Zeit habe, um mich mit einer Gitarre hinzusetzen, kommt am Ende etwas dabei heraus. Das muss nicht immer gut sein, aber es gibt ein Ergebnis, das ich dann schnell aufnehme, um es nicht zu vergessen. Ich arbeite also nicht phasenweise, sondern kontinuierlich.

Nach 14 Jahren Albumpause schaut ja die ganze Rockwelt auf die kommende Platte. Setzt dich das unter Druck?
Am Anfang stand ich tatsächlich unter Druck, das kannte ich gar nicht von mir. Ich habe mir noch nie dar über Gedanken gemacht, wie die Reaktionen von außen auf meine Musik sein würden. Aber dieses Mal dachte ich darüber nach, dass die neuen Stücke in großer Konkurrenz zu den Lieblings-Songs der Hellacopters-Fans stehen. Schrecklich, ich mochte diese Gedanken gar nicht. Nach einiger Zeit hat sich das wieder normalisiert, dann war alles wie immer. Im Grunde ist es doch so: Nimm drei AC/DC-Fans und sie werden dir drei verschiedene Meinungen zu AC/DC wiedergeben. Man kann und sollte so etwas also nie vorher einplanen. Wenn es den Leuten gefällt, ist das ein schöner Bonus, darf aber nicht die Grundlage des Songwritings sein.

Künstler hören das nicht gerne, aber ›Tin Foil Soldier‹ erinnert mich sehr stark an einen Song einer anderen Band. Kannst du erraten, welchen ich meine?
Ich finde das interessant, tue mich aber schwer, irgendwas zu erraten, weil ich dein Spektrum an Referenzen ja nicht kenne oder einschätzen kann.

Ich dachte sofort an ›Teenage Rampage‹ von Sweet.
Dann hast du ins Schwarze getroffen. (lacht) Ich habe nicht speziell an diesen Song gedacht, aber als ich an ›Tin Foil Soldier‹ arbeitete, wollte ich genau so einen 70s-Glam-Track machen. Die Lyrics habe ich zusammen mit Dregen geschrieben, weil ich eine kleine Blockade hatte. Ich erinnere mich, dass der Arbeitstitel des Demos „Glam, Not Sleaze“ lautete. Dregen hat ja eine kleine Schwäche für Sleaze, deswegen war es mir wichtig, das noch mal zu betonen. (lacht)

Macht ihr das öfter, dass ihr gemeinsam an Texten arbeitet?
Nein, nicht wirklich. Als Kenny noch dabei war, hat er manchmal Lyrics geschrieben, die ich sehr gut fand. Ich mag das Texten schon, aber es fällt mir nicht so leicht wie Musik schreiben.

Wie gehst du vor? Von was lässt du dich inspirieren?
Das ist ja das Problem. Klar wäre man am liebsten so gut wie Bob Dylan, aber man muss sich die Latte halt irgendwo hinlegen, wo man sie auch erreichen kann. Im Grunde mag ich Texte, die unserem Stil entsprechen, aber vielleicht nicht zwingend nach Kiss klingen. Bei Kiss funktioniert das, aber ein Hauch mehr Tiefe ist für uns nicht schlecht. Ich will nicht sagen, dass Lyrics ein notwendiges Übel sind. Vocals funktionieren im Endeffekt wie eine Art Instrument, die Bedeutung muss passen, die Reime müssen in Ordnung sein.

Fragst du deine Frau nach ihrer Meinung zu deinen Texten?
Ja, das tue ich. Manchmal ist es gut, ein bisschen Außenperspektive in deine eigenen Lyrics zu bringen, weil man so erst merkt, ob das, was man im eigenen Kopf zusammenspinnt, für andere auch funktioniert. Wenn
wir für Lucifer schreiben, gehen wir genauso vor. Wir machen uns gemeinsam über Worte und Reime Gedanken, bringen Vorschläge ein.

Hattest du eine klare Vision, wie EYES OF OBLIVION klingen sollte?
Ich habe immer eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie alles werden soll. Die Erfahrung lehrt einen jedoch, dass es meistens nie so wird, wie man es sich ausgemalt hat. Und das ist nicht zwingend etwas Schlechtes. Früher hat es mich genervt, wenn eine Platte nicht genau so geworden ist, wie ich das wollte. Aber inzwischen weiß ich das zu schätzen, wir sind immerhin verschiedene Individuen in dieser Band, erst der Beitrag jedes einzelnen verwandelt die Stücke in Hellacopters-Songs. Ich bin vielleicht der Kapitän des
Schiffs, kann aber nicht alleine segeln. Das ist keine One-Man-Show.

Was ist dein Lieblingssong auf dem Album?
Puh, ich habe die Platte schon lange nicht mehr angehört. (lacht) Das ist immer so: Wenn ein Album fertig ist, höre ich es mir nicht mehr an, außer vielleicht die Testpressung. Ich mag natürlich alle Songs, aber vielleicht gefällt mir ›Positively Not Knowing‹ am besten.

Was macht großartiges Rock’n’Roll-Songwriting aus?
Hm, das ist eine schwierige Frage. Ich habe keine Ahnung, weil ich mir niemals darüber Gedanken gemacht habe. Außerdem weiß ich nicht, ob ich das überhaupt drauf habe. Vielleicht ist es wichtig, dass man viele Referenzen vorweisen kann, viel Musik des Genres konsumiert. Keine Ahnung, ob man ein gutes Buch
schreiben kann, wenn man noch nie ein Buch gelesen hat. Das wäre wohl meine Antwort. Klar kann man sich darüber streiten, wie originell deine Songs dann sind, aber, um ehrlich zu sein, ist mir Originalität egal, denn am Ende muss es gut sein. Ein neues Lied, das noch nicht geschrieben wurde, bleibt ein neues Lied.

Ich stelle diese Frage derzeit vielen Künstlern, weil mich die unterschiedlichen Ansätze interessieren. Tobias Forge von Ghost hat eine sehr lange, analytische Antwort gegeben.
Das glaube ich, das passt zu ihm. (lacht) Interessant zu hören, was die anderen dazu sagen. Klar gibt es Dinge, die immer funktionieren. Vers, Chorus, Vers, Chorus, Mittelteil, Solo, Triple-Chorus. Als Kiss-Fan ist mir erst spät aufgefallen, dass man keinen Zwischenteil braucht, wenn man keinen Bock darauf hat. Am Ende muss es für denjenigen passen, der den Song schreibt. Wie auch immer das aussehen mag.

Neben den Änderungen im Line-up: Wo liegt der größte Unterschied zwischen den Hellacopters von 2008 und heute?
Wir sind etwas älter und in mancher Hinsicht hoffentlich ein bisschen klüger. Das macht vieles einfacher. Ich kann ja nur von mir sprechen, aber ich bin heute entspannter. Wir können über alles reden, alle Fakten liegen auf dem Tisch, wir alle sind aus demselben Grund in der Band. Das fühlt sich gut an. Außerdem sind wir uns darin einig, dass wir uns nicht mehr zu Tode touren werden, sondern unsere Gigs gezielter auswählen.

Wenn du eins von beiden opfern müsstest: nie mehr selbst Musik spielen oder nie mehr Musik hören, was würdest du wählen?
Gut, dass ich mich nicht entscheiden muss. Aber wenn wir das Gedankenspiel mal durchziehen, würde ich lieber nie mehr Musik spielen. Sonst könnte ich ja nur noch das hören, was ich selbst spiele. (lacht) Und da gibt es wirklich einiges mehr, das man sich anhören kann

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