Der Titel „Keine Kompromisse“ klingt, als ob du nichts bereuen würdest. Gibt es nichts, was du gerne anders gemacht hättest?
Ich hätte sicher einige Dinge anders machen können. Offensichtlich habe ich sie aber so getan, wie ich sie eben getan habe. Ich denke, ich musste wohl oder übel durch all diese Höhen und Tiefen gehen, um dorthin zu gelangen, wo ich heute bin. In der Zeit meiner Genesung habe ich gelernt, dass man nichts bereuen darf, denn alle meine Erlebnisse und Fehler waren Teil eines großen Lernprozesses.
Was hat dir am meisten das Leben schwer gemacht: Alkohol, Frauen oder Gene Simmons?
(lacht) Oh, Gene ist gar nicht so schlimm, wie alle ihn immer darstellen. Ich sehe ihn auch gelegentlich. Vor einigen Monaten traf ich mich mit ihm einmal zum Mittagessen. Wir schwelgten ein wenig in Erinnerungen, und ich zeigte ihm einige Auszüge meines Buches. Und natürlich musste er mich bei einigen Stellen korrigieren (lacht). So ist Gene eben! Am schlimmsten war definitiv meine Sucht. Drogen und Alkohol zwangen mich in die Knie. Nur durch Gottes Gnade habe ich es geschafft, mich von meinen Abhängigkeiten zu befreien.
Du hast dich in den vergangen Monaten intensiv mit deiner Vergangenheit auseinandergesetzt. Was war die bislang beste Zeit in deinem Leben?
Die letzten Jahre waren einfach nur toll. Ohne einen Kater aufzuwachen und sich gesund zu fühlen ist großartig. Aber auch die frühen Tage bei Kiss waren ein Riesen-Spaß. Wir erlebten damals so vieles zum ersten Mal. Es fühlte sich an, als würden wir gemeinsam in einer Achterbahn sitzen, die außer Kontrolle geratenen war. Ich erinnere mich sehr gerne an diese aufregende Zeit zurück.
Du hattest bekanntlich eine schwere Jugend. Welche Rolle spielte die Musik für dich in dieser Zeit?
Ich hatte das Glück, aus einer musikalischen Familie zu stammen. Ich wuchs in der Bronx auf, wo viele Jungs automatisch Mitglieder einer Gang waren. Je wichtiger mir die Musik wurde, um so mehr entfernte ich mich von diesen Kreisen. Ich war schon immer ein Perfektionist. Während ich mich in meinem Zimmer einsperrte, um stundenlang zu üben, gerieten viele meiner Freunde auf die schiefe Bahn. Man könnte wirklich sagen, dass die Gitarre mein Leben gerettet hat.
Findest du es nicht schade, dass bis heute nicht du und dein Gitarrenspiel, sondern hauptsächlich deine Rolle des „Spaceman“ im Vordergrund stand?
Ich finde das gar nicht so tragisch. Der „Spaceman” war nun mal meine Idee, und ich habe ihn selbst über Jahre hinweg entwickelt. Ich bin stolz auf meine Kreation. Man könnte durchaus sagen, dass diese Figur ein Teil von mir selbst ist. Es ist auch nicht wichtig, ob die Leute zuerst an meine Rolle oder an mich denken. Das eigentliche Ärgernis ist, dass jetzt Tommy Thayer (der momentane Gitarrist bei Kiss; Anm. d. Red.) auf der Bühne steht und die Lorbeeren für viele meiner Ideen einheimst. Man versucht, mich zu ersetzen; wenn man aber Filmaufnahmen von mir und Tommy vergleicht, erkennt man, dass nichts an das Original heranreicht.
Gibt es noch eine kleine Chance auf eine Wiedervereinigung der ursprünglichen vier Kiss-Mitglieder?
Wer weiß, was die Zukunft für uns bereit hält? Sag niemals nie, denn alles ist möglich!