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AC/DC – Wir gegen die Welt?

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AC/DC – Wir gegen die Welt?

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Photo of Angus YOUNG and Malcolm YOUNG and AC/DCNach ihren Erfolgen der frühen 80er schlossen AC/DC die Tür und  sperrten die Welt aus. Und Gnade jedem, der es wagte, sich mit ihnen anzulegen.

„Bestätigung“. Das war das Wort, das Bon Scott benutzte, als ich ihn im Winter 1979 fragte, was ihm der Erfolg hauptsächlich gebracht habe. Wir saßen in einer schäbigen Einzimmerwohnung in Westlondon und rauchten einen Joint. HIGHWAY TO HELL ging auf beiden Seiten des Atlantiks mächtig ab, doch egal wieviel neuen Ruhm und Geld ihm der Erfolg verschafft hatte, war offensichtlich, dass Bon davon mehr oder weniger unbeeindruckt war.
„Ich trinke gern, rauche gern und habe gern Spaß“, sagte er. „Aber das war schon immer so. Das hier…“ – sagte er und wischte welch vage, nicht greifbare Idee von „Erfolg“ ich auch gerade gemeint hatte mit einer Handbewegung weg – „das hier bedeutet nur, dass ich die ganze Zeit etwas richtig gemacht haben muss, von dem die Leute sagen, dass ich es falsch machte.“ Tragischerweise für Bon Scott sollte genau dieses Ethos des freigeistigen Lotterlebens, das HIGHWAY TO HELL feierte und das der Erfolg nun für ihn legitimierte, nur wenige Monate später zu seinem Tod an Suff und Drogen führen.
Auch für die anderen AC/DC-Mitglieder – vor allem ihre Gründer und Anführer, die Brüder Angus und Malcolm Young – sollte die Bestätigung durch den Erfolg weitreichende Konsequenzen haben. Nicht in Form ihres Todes, sondern in Form des langjährigen, beinahe tödlichen Rückzugs von der Welt, die sie nun zu erobern begonnen hatten.
Der Wendepunkt kam Ende 1981 mit der Veröffentlichung von FOR THOSE ABOUT TO ROCK WE SALUTE YOU. Der Erfolg des Vorgängers BACK IN BLACK – ein Erfolg, nach dem sie lange gestrebt hatten – hatte es ihnen gestattet, die Tore zuzuschlagen, die Zugbrücke hochzuziehen und die Welt auszusperren. „Als es die Band endlich geschafft hatte – so richtig geschafft hatte –, wurde alles anders“, beobachtet Ian Jeffery, ihr damaliger Tourmanager. „Entweder war man bei ihnen hinter den verriegelten Toren oder man war komplett ausgeschlossen. Man war unwichtig. Und so blieb es.“

Für die Young-Brüder war es schon immer „wir gegen die Welt“ gewesen. Sie waren zwei von acht Kindern, die in der Nachkriegszeit in einer Sozialbausiedlung in Glasgow geboren wurden, und wanderten dann nach Australien aus, wo sie als Kinder mit „seltsamem Akzent“ aufwuchsen. Von Anfang an waren sie ein Zwei-Mann-Clan. „Sie vertrauten niemandem, nicht mal mir“, so Michael Browning, der sie als Manager durch die 70er führte. „Obwohl ich ihnen Geld gegeben und geholfen hatte, musste ich mich immer noch von ihrem älteren Bruder George ausfragen lassen, bevor ich sie überzeugen konnte, mir den Job zu geben.“
George Young – dessen frühere Band The Easybeats in den 60ern die „australischen Beatles“ gewesen war, bis sie von einer korrupten und gleichgültigen Musikindustrie hoch verschuldet abgeschoben wurde – war es auch, der Malcolm und Angus ihr tiefes Misstrauen gegenüber Außenstehenden eingeimpft hatte. In den 70ern fuhren sie damit sehr gut. Aber in den frühen 80ern fingen sie an, die Reihen zu schließen und ihren engsten Vertrautenkreis auszudünnen. Michael Browning wurde nach HIGHWAY TO HELL gefeuert und im Regen stehen gelassen („Es war, als hätte ich nie existiert“, sagt er heute. Sein Ersatz, Peter Mensch, ging fünf Tage nach ihrem Auftritt beim Monsters-Of-Rock-Festival 1981. Laut Jeffery fand Malcolm, dass Mensch „zu aufgeblasen“ wurde). Am schockierendsten war jedoch die Entscheidung, sich von Mutt Lange zu trennen, dem Mann, der erheblichen Anteil an ihrem weltweiten Erfolg hatte. Offiziell hieß es, Lange sei zu langsam. „Er brauchte immer ewig, um etwas auf die Reihe zu kriegen“, sagte Angus Young 2011 im CLASSIC-ROCK-Interview. „Ansonsten wären wir in einer Woche drinnen und wieder draußen gewesen, würde ich sagen.“
Ian Jeffery sagt, der Grund für Langes Verbannung aus dem engsten Kreis war einfacher geartet: „Es war eine Zeit, in der die Brüder alles in Frage stellten. Malcom sagte, ‘Wieso zahlen wir diesem Typen all dieses fucking Geld? Wir können das fucking selber machen‘.“ Laut Leuten, die ihn kennen, war und ist Malcolm Young mehr als nur AC/DCs Rhythmusgitarrist – er ist der Mann, der die Band von Anfang an mit eiserner Hand führte.
„Die Band gehörte Malcolm“, so Jeffery. „Es war Malcolm, der [Schlagzeuger] Phil Rudd sagte, sich an den Beat zu halten; Malcolm, der [Bassist] Cliff [Williams] sagte, wo er zu stehen und wann er ans Mikro zu treten hatte. Als Brian [Johnson] einstieg, war es Malcolm, der ihm sagte, er solle zwischen den Liedern die fucking Klappe halten und einfach nur dastehen und singen. Es war immer Malcolm, hinter jeder einzelnen Entscheidung.“
Nach Menschs Entlassung wurde Jeffery als AC/DCs Manager eingestellt, auch wenn es größtenteils nur eine nominelle Abmachung war. Mitte der 80er kümmerte sich die Band selbst um ihre Geschäfte. „Ich kümmerte mich um alle Leute, mit denen sie nicht reden wollten, was die meisten waren. Ich traf nie große Entscheidungen, ich erstattete immer Bericht an Malcolm und Angus und ließ sie entscheiden, was sie tun wollten.“
Es waren nicht immer gute Entscheidungen. Vielleicht die schlechteste war es, sich nach FOR THOSE ABOUT TO ROCK von Lange zu trennen. Auf den folgenden Alben FLICK OF THE SWITCH (1983) und FLY ON THE WALL (1985) wurden die Band sowie Malcolm und Angus als Produzenten genannt – der endgültige Beweis, dass die Young-Brüder nun das Sagen hatten. Künstlerisch waren es die schwächsten Alben ihrer Karriere. Kommerziell waren sie im Vergleich zu den Megasellern BACK IN BLACK und FOR THOSE ABOUT TO ROCK Flops. Als das passierte, suchten die Brüder nach einem Sündenbock. Diesmal musste Ian Jeffery dran glauben: Wochen nach Erscheinen des Albums wurde er gefeuert.
„[Malcolm] sagte, ‚Wir brauchen dich nicht mehr’“, so Jeffery. „Ich fragte, was er meinte. Er sagte, ‚Wir brauchen dich nicht mehr. Wir sind fertig‘, und ging zur Tür raus. Das war’s.“

Ende der 80er waren AC/DC wieder auf Kurs, selbst wenn die Mauer um sie herum mittlerweile so hoch war, dass nicht mal der Präsident ihrer Plattenfirma, Doug Morris, direkt mit ihnen reden durfte. Einzig ihr Anwalt John Clark und ihr Buchhalter Alvin Handwerker, beide in New York ansässig, hatten Zugang zu ihnen.
Was auch immer im Inneren ablief, Malcolm Youngs unantastbare Vision und angeborener Starrsinn hatten sich ausgezahlt. Die Alben THE RAZORS EDGE (1990) und BALLBREAKER (1995) hatten AC/DC wieder als einen der größten Rock-Acts etabliert.
Doch der Young-Clan forderte immer noch Opfer. Der Manager Stewart Young (nicht mit ihnen verwandt) wirkte nicht nur daran mit, die Band von ihrem Beinahe-Karriere-Selbstmord Ende der 80er zurückzuholen, er half ihr auch durch Malcolms „Urlaubsjahr“, als er mit der Alkoholsucht kämpfte. Dennoch erhielt er Mitte der 90er einen Anruf von Alvin Handwerker, der ihm mitteilte, die Band wolle nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten. Selbst Rick Rubin, der langjährige AC/DC-Fan, der BALLBREAKER produziert hatte, bekam die kalte Schulter gezeigt, nachdem er im Studio mit der Band gestritten hatte.
„Sie sind ein extrem eingeschworener Clan“, sagt Derek Shulman, der einstige A&R-Mann, der in der frühen 90ern AC/DCs Label Atco leitete und half, sie wieder als echte Macht zu etablieren. „Man ist entweder total drin oder total draußen. Der innerste Kreis ist äußerst eng verbunden, sehr familienorientiert, du musst ihr Vertrauen haben, und sie müssen glauben, dass du sie nicht verarscht, denn diesen Mist können sie durchschauen.“
Die Band hat nicht nur die Welt von sich, sondern auch sich selbst von der Welt ferngehalten. Albert, ein ehemaliger Mitarbeiter ihrer Produktionsfirma, erinnert sich an ein Gespräch mit Malcolm über Metallica, die kurz zuvor mit AC/DC gespielt hatten. Malcolm kratzte sich am Kopf und sagte mit vollem Ernst: „Yeah, ich glaube, ich habe von ihnen gehört. Sie sollen gut sein, oder?“ Erst vor Kurzem haben AC/DC sich dem Fortschritt gebeugt und ihre Musik für iTunes freigegeben (auf Spotify sind sie aber nach wie vor nicht). Mangels jeglicher Information über ihr Privatleben sind über die Jahre diverse Gerüchte aufgekommen. Das beste besagt, dass Angus in Holland mit seiner Frau eine Tulpenfarm besitzt, eine Behauptung, die er verneint.
Der undurchschaubare Alvin Handwerker überwacht bis heute ihre Geschäfte von seinem Büro in New York aus, aber die Mauer um AC/DC ist hoch wie eh und je und jegliche Information wird streng kontrolliert. Im Februar 2009 mussten sieben Konzerte abgesagt oder verschoben werden – ohne Angabe von Gründen. Erst Monate später gab Brian Johnson zu, dass ihm Endobrachyösophagus diagnostiziert worden war, eine Krankheit der Speiseröhre, die unbehandelt zu Krebs führen kann. Letztes Jahr ging das Gerücht um, ein Bandmitglied sei schwerkrank, obwohl kein Name genannt wurde – bis heute nicht. In der Welt von AC/DC gilt das Need-to-know-Prinzip. Und der Rest der Welt muss es in der Regel nicht wissen. Ian Jeffery: „Wenn es um die großen Entscheidungen geht, ist es letztendlich immer Malcolm, der wirklich über alles nachdenkt und die Resultate liefert.“

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