Triumphaler Tourneestart
Wenn’s mit rechten Dingen zugehen würde, dürften Nathaniel Rateliff und seine Mannen kaum noch aus den Augen schauen können. Nach einer umfänglichen Tour durch die USA und einem großen Abschluss-Konzert in Austin, Texas, stehen sie gerade mal zwei Tage später in der randvollen Münchner Muffathalle, um die Europatournee zum neuen Album zu eröffnen. Von Müdigkeit, Jetlag und Reisestress ist zumindest musikalisch keine Spur. Trocken grooven sich Nathaniel Rateliff & The Night Sweats in ein wahrhaft schweißtreibendes Set, das dicht an dicht Songs vom nagelneuen Album TEARING AT THE SEAMS an die vom Debüt-Album und der Nachfolge-EP reiht. Letztere erscheinen mittlerweile wie Klassiker aus den Anfangstagen jenes Labels, bei dem die achtköpfige Band aus Denver, Colorado, zuhause ist: Stax.
Wenngleich mit passablen Deutschkenntnissen ausgestattet, beschränkt sich der Frontmann, Songwriter und Gitarrist bei seinen Ansagen aufs Nötigste und lässt lieber die Musik die Geschichten erzählen. Erfreulicherweise tut sie das auch, schließlich kommt Nathaniel Rateliff aus dem klassischen Songwriter-Fach und darf bereits auf eine bemerkenswerte Karriere vor seiner aktuellen musikalischen Laufbahn mit den fabelhaften Nightsweats blicken. So toll die robusten Songwriter-Nummern zwischen Folk, Americana und Gospel auch sein mögen: Erst ihre Verbindung mit gnadenlos dichtem Rhythm’n’Blues macht sie richtig genial. Sie sind tanzbar und doch so vielschichtig, dass man sich dran festhören kann.
Auch die etwas ruhigeren, aber nicht weniger groovenden Retro-Soul-Nummern vom neuen Album machen eine gute Figur, weil sie für Abwechslung sorgen und Rateliffs Talent fürs Songwriting wieder in den Vordergrund rücken. Sie zünden vergleichsweise zwar eher mittelbar, was ihrer Qualität aber keinen Abbruch tut. Leider endet der Abend viel zu früh – man hätte es gern noch ein wenig ausgehalten in der restlos ausverkaufen Halle. Noch lange singen die Fans den Hook der bislang unübertroffenen Durchbruch-Single ›S.O.B.‹, wohl wissend, dass sie gerade eins der heißesten Eisen erlebt haben, das man momentan live sehen kann.
Text: Christoph Ulrich