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Glenn Hughes: Lebensweisheiten

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Glenn Hughes: Lebensweisheiten

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Tue nie etwas nur des Geldes wegen, bewahre einen kühlen Kopf, auch wenn eine Knarre darauf zielt, und brate niemals Speck, wenn du betrunken bist. Nur drei der Dinge, die Glenn Hughes in mehr als 50 Jahren Rock’n’Roll gelernt hat.

Text: Nick Hasted

Er hat mit David Bowie zusammen­gewohnt, hing mit Jagger ab und zählt Hollywood-Stars zu seinen Freunden. Er ist in Privatjets um die Welt gereist, auf den größten Bühnen des Planeten aufgetreten, als die „Voice of Rock“ bezeichnet und in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen worden. Außerdem hat er sich fast zu Tode ge­­soffen, hatte dank der Drogen einen Herzinfarkt und wurde einmal beinahe erschossen, weil er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Das Leben war für den Jungen aus der britischen Arbeiterklasse nie wieder dasselbe, seitdem er 1973 bei Deep Purple eingestiegen war …

Du kannst nicht nach Hause zurückkehren

Ich lebe seit 43 Jahren in L.A., ich bin mittlerweile so richtig amerikanisch. Meine Heimatstadt, Cannock im Black Country in England, habe ich noch als Teenager verlassen, und dieser Ort ist heute unglaublich weit weg von mir. Cannock hat mich allerdings zu dem gemacht, der ich heute bin. Ich kom­me aus einer Familie der Arbeiterklasse und war ein Einzelkind. Daher habe ich mein Arbeitsethos. Ich war ein fleißiger Schüler und gut im Sport. Und ich umgab mich mit Leuten aus einem ähnlichen Umfeld. Ich habe nie einen Schultag verpasst. Es war eine tolle, liebevolle Kindheit. Aber vor zehn Jahren lief ich durch Cannock, ziemlich normal angezogen, und wurde innerhalb einer Stunde zweimal von Jugendbanden im Stadtzentrum gejagt. Sie pöbelten mich an, warfen Flaschen nach mir. Dieses Verhalten hat mich total geschockt – das waren 15-Jährige. So etwas passiert nicht in den USA, wo ich lebe. Es war mir unglaublich peinlich, dass das in der Stadt passiert, in der ich aufgewachsen war. Ich war angewidert. Heute laufe ich also nicht mehr durch die Stadt, in der ich auf die Welt kam, und das hat mir das Herz gebrochen.

Ich habe mich nie dem Gott des Geldes unterworfen

Ich tue nie etwas fürs Geld. Nichts. Sonst verlierst du deine Integrität. Als ich bei Deep Purple einstieg, verdiente ich natürlich einen Riesenhaufen, und ich verließ meine Band Trapeze, wo ich vielleicht ein paar Pfund am Tag bekam. Aber ich ging zu Deep Purple, um mit einigen echten Virtuosen zu spielen. Ich habe mich nie dem Gott des Geldes un­­terworfen, sonst hätte ich viel mehr verdient in meinem Leben. In meinem Computerzimmer habe ich einen Ausdruck der sieben Tod­­sünden vor mir – um mich vor Völlerei, Lust und Gier zu bewahren. Ich wohne ja in L.A. und treffe viele Produzenten, bin mit einigen Schauspielern befreundet, also hatte ich viele Gelegenheiten, sehr, sehr viele Sessions für sehr, sehr viel Geld zu spielen, oder bei Reality-Shows mitzumachen, die mich allerdings in einem falschen Licht dargestellt hätten. Es muss sich einfach richtig für mich anfühlen.

David Bowie war ein toller Mitbewohner

Er machte keine halben Sachen. Ich sag’s mal so: Wir haben so einiges getrieben in unserer Experimentierphase. Er brauchte fünf Tage, um mit dem Zug aus New York anzureisen – alleine. Das war David Bowie 1973, als er gerade erst vor ein paar Monaten ein Nr.-1-Album gehabt hatte. Und da war er nun, allein in meinem Haus, und niemand auf der Welt wusste, wo er war, außer mir, meinem Manager, meinen Assistenten und den Jungs von Purple. Ich durfte zusehen, wie er das komplette Album STATION TO STATION schrieb. Er schnitt mir die Haare und warf all meine mexikanischen Stiefel und Schlaghosen vom Kensington Market weg. Ich musste mir neue Klamotten kaufen, und er schenkte mir ein paar von seinen. Ich war der einzige von Purple, dem er näher kam, also zogen wir gemeinsam los. Ritchie wollte allerdings nicht, dass ich auf ›Young Americans‹ singe, also ließ ich es bleiben. Wer hat den Abwasch gemacht? Na ja, da passierte nicht viel in der Küche. Er plärrte mich jeden Tag an: „Hughesy, du musst dich immer wieder verändern! Du kannst nicht immer dasselbe machen, du musst dich neu erfinden. Hör dir Nina Simone an“, sagte er immer. Als er starb, war es das, woran ich mich genau er­­innerte – dass man sich andere Sachen anhören sollte als die, von denen man denkt, dass man sie hören sollte. Denn das tat er ständig.

Ein Rockstar in den 70ern zu sein, war mein normales Leben

Deep Purple waren eine sehr, sehr große Band. Und man gewöhnt sich an diese Maßstäbe. Privatjets, jeder hatte seine eigene Limousine und sogar die Roadies hatten Roadies. Ich war ein paar Jahre bei Purple ge­­wesen, als ich anfing, mit Leuten wie Jagger abzuhängen. Damals waren es noch die Songs, die einen Rockstar definierten, nicht das Schlagzeugpodest und die Laseranlage. Und was für mich den Starruhm mit diesen Jungs definierte, war die Einzigartigkeit ihrer Kunst. Wenn du in eine Liga mit Leuten dieses Kalibers aufsteigst, fügst du dich ein. Ich bin ein Riesenfan der Stones, von Bowie, Eric Clapton und John Bonham, mit dem ich auch abhing. Aber ich war kein Fanboy, ich war einfach dabei, wir unterhielten uns und stellten einander viele Fragen über das Leben. Eigentlich ein ganz normales Verhalten. Wenn ich in den Spiegel sehe und neben Bowie und Jagger stehe, mit Haaren bis zur Taille und mit diesen beiden schnittigen Typen, vielleicht noch mit ein bisschen Lippenstift, muss das seltsam ausgesehen haben. Aber das war es nicht. Es war sogar ziemlich normal.

Spiele kein Konzert während einer Militärinvasion

Es wird gerade ein Film darüber ge­­dreht, wie mein Bodyguard Patsy Collins 1975 in Jakarta, Indonesien, getötet wurde. Das war keine leichte Erfahrung für mich. Ich erinnere mich noch, wie diese Guerrilla-Typen die Tür meines Hotelzimmers eintraten und mich davonschleppten. Ich war barfuß und trug nur Jeans und ein T-Shirt. Sie warfen mich zusammen mit meinem Assistenten, dem anderen Bodyguard und dem Tourmanager in einen Lieferwagen. Man sagte uns nichts und dann wurden wir ins Gefängnis gesperrt, wo Heu auf dem Boden lag. Es war wie ein Film, und zwar „Midnight Express“. Der Typ, der uns gefangen hielt, sah aus wie Idi Amin. Er spielte russisches Roulette mit einer Pistole, die er auf dem Tisch drehte, scherzte mit mir und diesen anderen drei Briten, so nach dem Mot­to: Wen wird er wohl als ersten erschießen? Und dann hörten wir, dass Patsy gestorben war. Zu­­nächst wussten wir nicht, wie. Er stürzte aus dem siebten Stock, fiel auf die Rohre am Boden, kroch zur Rezeption und starb. Ich bekam einen seiner Turnschuhe. Ja, wir waren damals ein ziemlich krasser Haufen. Aber Jakarta zog an dem Tag gegen Ost-Timor in den Krieg, wo fünf australische Journalisten getötet wurden. Wir dachten, wir würden sterben. Genauso gut hätte ich es sein können. Wer auch immer zu diesem Zeitpunkt, es muss so ein oder zwei Uhr morgens gewesen sein, zu meiner Tür hereinkam, würde sterben. Ein Alptraum.

Fortsetzung auf Seite 2

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3 Kommentare

  1. Wie Moon und Konsorten ( im positiven Sinne gemeint ) einer der auch nichts anbrennen lies in seiner Musiker-Kariere. Es sind einfach Typen die sich nicht unterkriegen nicht unterordneten oder sich dem jeweiligen Zeitgeist verordnen ließen.
    Ich bin froh darüber dass es noch etliche dieser Type Mensch gibt und hoffentlich auch weiter geben wird, damit meine ich allerdings nicht Halbwüchsige in Körper und Geist wie dieses schwedische Gut-Menschen-Alibi sondern Charaktere die sich nicht verbiegen lassen sich vor den Karren von anderen spannen lassen.
    Kritischer und offene Charaktere sind meiner Meinung nach relativ unabhängig von politischen- und gesellschaftlichen Zwängen und damit für mich Vorbildlich das gegenteil dessen was aktuell den Zeit-Geist benebelt hat. Glen und all die anderen Querdenker / Läufer sind mir persönlich die liebsten denn ich bin ähnlich sozialisiert, habe mein Leben bisher so gelebt wie ich es für richtig hielt in den Rahmenbedingungen die mir das ermöglichten. Sollt eigentlich jeder ähnlich tun nur leider sieht es aktuell eher danach aus dass das Lemming-Verhalten die einzige Option des Zusammenlebens darstellt.

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