Von der Glam-Rock-Ikone zum Blue-Eyed-Soul-Boy.
Dass David Bowie am 3. Juli 1973 im Londoner Hammersmith Odeon lediglich die Kunstfigur Ziggy Stardust zu Grabe trug, als er verkündete, sich für immer vom Tourneebetrieb zurückzuziehen, verstand die Welt ein Jahr später: Am 14. Juni 1974 startete in Montreal die „Diamond Dogs Tour“. Ein auf George Orwells Dystopie „1984“ fußendes Konzept in opulenten Kulissen, in denen Protagonist Halloween Jack samt Mutanten in post-apokalyptischer Welt von Hunger City umhermarodierten.
Exzellent mit Leben füllten den Songzyklus ein optisch umgestylter Bowie im 40er-Jahre-Designeranzug samt orange-blonder Fönfrisur sowie ein zehnköpfiges Ensemble, darunter Saxophonist David Sanborn, Keyboarder Michael Kamen, Bassist Herbie Flowers und Pianist Mike Garson. Stilistisch näherte sich der hagere Entertainer Latin, Soul und Gospel an. Festgehalten auf der zwischen dem 8. und 13. Juli 1974 im Tower Theatre von Philadelphia aufgezeichneten, im Oktober gleichen Jahres erschienenen Doppel-LP DAVID LIVE.
Nach der Sommerpause – Gitarrist Carlos Alomar unterstützte von nun an Earl Slick, die Chorjungs Gui Andrisano und Warren Peace bekamen die afroamerikanischen VokalistInnen Ava Cherry, Robin Clark, Anthony Hinton, Diane Sumler und Luther Vandross an die Seite gestellt – ging es unter noch deutlicheren Soul-Vorzeichen am 2. September mit sieben Gastspielen im United States Universal Amphitheatre von Los Angeles weiter.
Exakt vom 5. September stammt das Material der mit zwölfseitigem Booklet versehenen und von Tony Visconti frisch remixten Doppel-CD CRACKED ACTOR (LIVE IN LOS ANGELES 1974): Zusätzlich im Repertoire befanden sich nun die majestätische Soul-Ballade ›It’s Gonna Be Me‹ und eine Funk-Version von ›John, I’m Only Dancing‹, beide ursprünglich geplant für das noch nicht erschienene YOUNG AMERICANS. Insgesamt klingt CRACKED ACTOR um einiges leichtfüßiger und stilsicherer als das zuvor erschienene DAVID LIVE.
8/10
David Bowie
CRACKED ACTOR (LIVE IN LOS ANGELES 1974)
PARLOPHONE/WARNER