Jürgen hat es nicht leicht im Leben. Besonders mit den Frauen mag es nicht klappen – und das trotz seines Lieblingsspruchs „Ladies first, James Last“. Jürgen arbeitet als Pförtner in einer Tiefgarage, sein „Traumberuf“, wie er sagt, den ganzen Tag über beobachtet er über Kameras aus einem winzigen Kabuff heraus Autos, sein Chef wiederum beobachtet ihn dabei, wie er in seinem Kämmerlein sitzt. Zuhause hat er es mit seiner bettlägerigen Mutter zu tun, die ihn den ganzen Tag herumscheucht. Und mit resoluten Krankenschwestern, die sich um Mutter kümmern. Manchmal bekommt er Besuch, von seinem besten Freund Bernd Würmer, der im Rollstuhl sitzt und mit dem er sich dauernd streitet. Mehrmals die Woche hocken beide im Kamin 21, ihrer Stammkneipe in Harburg: „Wir sind schon ein trauriger Verein: der haarige Wirt, Bernd im Stuhle, der ewig vor sich hin sprötzelnde Manfred und meine Winzigkeit. Echte Ladykiller, würde ich mal sagen!“ Nach enttäuschenden Erfahrungen beim Speed-Dating beschließen Jürgen und Bernd, mit der Firma „Eurolove“ nach Polen auf Brautschau zu fahren. Angeblich ist die Erfolgsquote überragend. Das Vorhaben ist dennoch keine allzu gute Idee, soviel sei verraten. Strunk, der mit „Der goldene Handschuh“ über den Hamburger Serienmörder Fritz Honka zuletzt viel Lob einheimste, erzählt auch in seinem neuesten Roman unterhaltsam, einfach und ohne Angst vor dem Banalen. Sein Protagonist hält sich selbst für einen von Millionen „Pro-Kopf-Menschen, die ohne Aufheben vor sich hin pitschern und weiter kein großes Gewese machen“. Fast alle Figuren des Romans sind auf ihre eigene Art „arme Willis“, tragische bis triste Gestalten. Was ihnen passiert, ist oft witzig, doch werden sie von Strunk, aller Komik ungeachtet, nie vorgeführt. Dafür dürfen sie auch nicht darauf bauen, am Ende ihr großes Glück zu finden. Sie sind kein Teil einer romantischen Komödie.
7/10
Jürgen
VON HEINZ STRUNK
Rowohlt