Leicht, lässig und witzig. Die Zugabe zu „Panikherz“.
„Den letzten Schluck habe ich mir gut gemerkt, zehn Jahre her, das letzte Bier. Ein Gemäldetitel, ein den Übergang zur Periode der neuen Sachlichkeit markierender Zyklusabschluss.“ Im Bordbistro sei das gewesen, schreibt Benjamin von Stuckrad-Barre, auf dem Weg in eine Entzugsklinik. Heute trinkt er nur noch Wasser, wenn er ausgeht. Ob und wie das so funktioniert, beschreibt er in seinem zweiten Buch des Jahres, nach „Panikherz“, seiner rauschhaften Quasiautobiografie. Er berichtet davon, wie es sich anfühlt, als Nüchterner inmitten lauter Trinkender, die „dicht gedrängt“ um einen stehen und „dennoch uneinholbar weit entfernt“ sind. Und dabei ist er immer launig, immer schnell, immer spritzig. Ein Text wie nebenbei hingeworfen, voll witziger Einsichten wie dieser hier: „Ein typisches Betrunkenengespräch ist gebaut wie ein Meisterwerk der klassischen Musik, mit mal sich entfernenden, dann wieder annähernden Umkreisungen eines Grundthemas.“ Das Beste dabei: Hier wird nichts mies gemacht, nein, man bekommt vielmehr eine wahnsinnige Lust darauf, auszugehen, Freunde zu treffen, sich in die Nacht zu stürzen, und all das trinkenderweise. Am Ende steht eine Art Raucherminutenprotokoll, der Tag getaktet durch die an ihm gerauchten Zigaretten. Beim Schreiben, nach dem Essen, auf dem Balkon. Samt Exkursen zu realen Personen, zum „rauchend raunenden, allwissenden Kotzbrocken“ Helmut Schmidt etwa. Alles leicht, alles lässig. Und saukomisch.
8/10
Nüchtern am Weltnichtrauchertag
Von Benjamin von Stuckrad-Barre
Kiepenheuer & Witsch