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Das letzte Wort: Michael Sadler (Saga)

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Das letzte Wort: Michael Sadler (Saga)

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saga_2012-sadler-stageMichael Sadler über Heimat, Glück und das Familienleben eines Rockstars.

Der Weltbürger Michael Sadler war 30 Jahre lang Frontmann der kanadischen Prog-Meister Saga. Mit seiner Band verkaufte der ausgesprochen charismatische Glatzkopf über 8 Millionen Platten. Trotz aller Erfolge verließ er Saga 2007 für seine Familie, die dem getriebenen Musikus erstmals eine gewisse Erdung schenkte. Nur vier Jahre später feierte er seine Rückkehr zu seiner ältesten Liebe mit dem mittlerweile 20. Saga-Album. Dennoch schafft er es, ein guter Vater zu sein und ein Leben zu leben, das ihn glücklich macht.

Du hast beinahe überall auf der Welt gelebt. Gibt es für dich überhaupt so etwas wie Heimat?
Für mich ist Zuhause dort, wo meine Familie ist. Natürlich ist Wales der Ort, wo ich meinen Ursprung habe, aber in Kanada wuchs ich auf. Ich lebte einige Zeit in London, auf den Bahamas und verbrachte ganze acht Jahre in Saarbrücken. Ich konnte daher niemals wirklich Wurzeln schlagen. Das geschah erst, als ich Vater wurde. Wenn dein Kind erst mal zur Schule geht, musst du dich einfach damit auseinandersetzen.

Verletzte es dich als Musiker nicht, dass deine Musik in deiner kanadischen Heimat nicht auf die selbe Gegenliebe stieß, wie es in Deutschland oder auch Puerto Rico der Fall war?
Es war nicht wirklich verletzend. Ich war eher perplex. Hätte ich nicht gewusst, warum das so war, hätte mich das sicher hart getroffen. Aber ich verstand es: Wenn du anfängst Musik zu machen, denkst du zunächst nicht darüber nach, wem es gefallen könnte oder nicht. Wenn du dann die ersten Platten verkaufst, folgst du natürlich der Nachfrage. Du gehst dorthin, wo die Leute deine Musik hören wollen. So war das bei uns mit Deutschland. Wir verbrachten also sehr viel Zeit dort. Wenn Saga im kanadischen Radio läuft, denken die Leute auch heute noch, wir seien eine deutsche Band. Das kann schon frustrierend sein.

Wie schwer fiel dir die Entscheidung, deinen bürgerlichen Job zu kündigen, um dich am Anfang deiner musikalischen Karriere vollkommen Saga widmen zu können?
Ich arbeitete damals als Vertreter für eine Firma für Grafikkameras. Ich trug also meinen Dreiteiler und fuhr mit dem Firmenwagen in der Gegend herum, als mich Jim anrief und mich bat, einige Lieder zu singen, die er geschrieben hatte. Und um ganz ehrlich zu sein, das war eine sowas von leichte Entscheidung. Jim, seine Frau, meine Frau und ich trafen uns zum Abendessen. Danach fuhr ich mit meiner Frau nach Hause. Noch im Auto sagte ich ihr, dass es das sei, was ich machen müsse. Sie sagte gar nichts dazu. Als ich am nächsten Tag aus der Arbeit kam und mich im Spiegel sah, war mir klar: „Das bin nicht ich!“ Also kündigte ich direkt. Es gab da keinerlei Zögern oder Zweifeln.

Nach 30 Jahren bei Saga hast du die Band verlassen, um Zeit für deine Familie zu haben. Wie schwierig war dieser Schritt für dich?
Es fiel mir wahnsinnig schwer. Es ging dabei um mein Familienleben. Ich sagte immer, dass ich sehr gerne Kinder haben wolle. Als es dann soweit war, wollte ich nicht dieser Musiker auf Tour sein, der am Telefon von seiner Frau erfährt, dass sein Sohn seine ersten Schritte gemacht oder sein erstes Wort gesprochen hat. Diese Erlebnisse sind viel zu wichtig, um sie zu verpassen. Dennoch war das sehr hart für mich, aus kreativen wie auch persönlichen Gründen. Die Jungs in der Band sind ja meine Freunde. In meinem Hinterkopf ließ ich mir immer die Tür offen, vielleicht eines Tages wieder zu Saga zurückzukehren, aber damals sollte das eine endgültige Entscheidung sein.

Ist es überhaupt möglich, zugleich ein guter Vater, Ehemann und Vollzeit-Musiker zu sein?
Oh ja, das mit dem Vater sein ist möglich, aber eine Seite wird immer darunter leiden und es ist sehr schwer, das unter einen Hut zu bringen. Wenn du erst mal verheiratet bist, ist das mit dem Musikerdasein kein so großes Problem. Dann kennt dich deine Frau und beide haben sich dafür entschieden, gemeinsam dieses Leben zu leben. Mit einer Freundin ist das so eine Sache (lacht). Wenn zwei Menschen einander wirklich dafür lieben, wer sie sind, wird eine Freundin auch nichts dagegen haben, dass man als Musiker oft weg und auf Tour ist, denn das macht einen wahren Musiker zu einem großen Teil aus. Das ist nicht nur ein Job. Man ist es. Wenn man mit jemandem zusammen ist, der sich darüber beschwert, ist es ganz einfach die falsche Person. Aber nicht, dass sich jetzt alle jungen Musiker von ihren Freundinnen trennen! Versteht mich nicht falsch (lacht)!

Es ist bekannt, dass du in den neunziger Jahren große Probleme mit Alkohol hattest. Wie gerietst du in diesen Strudel?
Nicht, dass das unbedingt vererblich wäre, aber mein Vater war Alkoholiker. Und ich habe dieses Gen wohl auch. Das Trinken ist ohnehin nur das Syndrom eines Problems, das tief in einem steckt. Ich bin auch noch immer Alkoholiker, denn nur weil ich nicht mehr trinke, heißt das nicht, dass diese Krankheit vorbei ist. Das mit dem Trinken begann früh bei mir und es wurde immer mehr. Ich denke, in den Neunzigern nahm es dann extreme Ausmaße an.

Was half dir aus dieser Phase?
In erster Linie war es meine Angst vor dem Tod (lacht). Es war so schlimm, dass ich innerhalb einiger Stunden mehrere massive Anfälle erlitt und die Ärzte nur darauf warteten, dass ich ins Koma fallen würde. Ich musste mich dem Dämon in mir stellen und darüber sprechen, also ging ich zu den anonymen Alkoholikern. Seit genau zehn Jahren bin ich jetzt trocken. Als ich ein Jahr lang abstinent war, besuchte ich wieder ein Treffen der Selbsthilfegruppe. Dort kam ein großgewachsener irischer Mann zu mir und sagte etwas, das ich nie vergessen werde. Er meinte: „Darf ich ihnen gratulieren? Sie stehen dort, wo Tausende gefallen sind.“ Das ist eine so schöne und poetische Art es auszudrücken und es ist wahr.

Hattest du jemals Angst vor Krankheiten oder Verletzungen, die deine Karriere als Sänger beenden könnten?
Ähm, ich habe mir bis gerade eben niemals Gedanken darüber gemacht. Vielen Dank, jetzt hast du mich dazu gebracht (lacht)! Natürlich, jederzeit kann man einen Virus bekommen, der die Stimme kaputt macht. Bis jetzt hatte ich immer Glück. In den 30 Jahren, in denen ich jetzt unterwegs bin, musste ich nur eine einzige Show absagen. Lass uns einfach so tun, als wäre diese Frage nie gestellt worden (lacht)!

 

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