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Journey

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Journey 2011 (1)Reisebgleitung

Wann und wo Journey auch auftauchen: Die Superlative sind nie weit. So ist ›Don’t Stop Believin’‹ nicht nur ein Mega-Hit und Radio-Dauerbrenner, sondern bis dato auch der Song mit den meisten (kostenpflichtigen) Downloads weltweit. Auf diesen virtuellen Lorbeeren ruhen sich die Rocker aber nicht aus: Sie wollen es mit ihrem neuen Album ECLIPSE an allen Verkaufsfronten wissen.

Die lange Reise, die hinter Journey liegt, hätte kaum bunter und ereignisreicher sein können. Es gibt nur wenige Erfahrungen, die die amerikanische Mainstream-Band nicht gemacht hat. Und die allermeisten davon sind positiv: Dank der mehr als 75 Millionen verkaufter Tonträger nagen ihre Protagonisten heute nicht gerade am Hun-gertuch, Hits wie ›Wheels In The Sky‹, ›Don’t Stop Believin’‹ oder ›Suzan­ne‹ sind nach wie vor Stammgäste in Radiosendern rund um den Globus, ihre Stücke zieren Film-Soundtracks ebenso wie Charts-Listen. „Aus künstlerischer Sicht gibt es für mich keine unerfüllten Wünsche mehr“, sagt Jonathan Cain folgerichtig. Der Keyboarder ist verantwortlich für zahlreiche Hits und zudem wichtigster Texter der Gruppe: „Ich habe in meinem Leben mehr erreicht, als ich jemals zu träumen wagte. Wenn morgen Schluss wäre, würde ich nicht in Gram versinken, sondern mit Stolz auf die vergangenen Jahr-zehnte zurückblicken.“

Cain stieß 1980 zu Journey, nur wenig später gelang der Gruppe mit ESCAPE (1981) ihr bis heute erfolgreichstes Studioalbum. Dank seiner ambitionierten Texte, seiner Fähigkeit, einen atmosphärischen Gegenpol zu den rockigen Riffs von Gitarrist Neal Schon zu bilden, und seiner schlichtweg wunderbar einfühlsamen Balladen obliegt ihm heute ein spezielles Vetorecht innerhalb der Band. Ein Trumpf, den er allerdings nur selten ausspielen muss. „Meistens sind wir uns einig, wenn es um die Zukunft der Gruppe geht“, beteuert Cain und widerspricht damit Gerüchten, dass der Veröffentlichung des jüngsten Journey-Opus ECLIPSE harte Richtungskämpfe vorausgegangen seien.

Mehr als anderthalb Jahre schraubten und feilten vor allem Cain und Schon an den neuen Songs – mit dem Ergebnis, dass die feinfühligen Töne des Keyboarders in den Hintergrund traten, während sich Gitarrist Schon nach Herzenslust austoben konnte. Konkret: Balladen sucht man auf ECLIPSE mehr oder minder vergeblich, dagegen gibt es Rock-Nummern in Hülle und Fülle. „Das war so abgesprochen und bereits von mir abgesegnet, noch bevor Neal und ich mit dem Songwriting anfingen“, behauptet Cain, der gleichzeitig zugeben muss, dass die neue Scheibe „rauer, härter und auch ein wenig primitiver“ klingt als die beiden Vorgänger GENERATIONS (2005) und RE- VELATION (2008). Zudem muss er einräumen, dass einigen Fans die softe Seite der Gruppe sicherlich fehlen wird, aber, so der Keyboarder, dafür gäbe es schließlich die vielen älteren Balladen der Bandgeschichte. „Wer es ruhiger mag, wird mit Stücken wie ›What I Needed‹ oder ›Turn Down The World Tonight‹ bestens bedient. Man muss doch nicht auf jedem Album dieselbe Mischung anbieten.“

Zumal kein Zweifel daran besteht, dass ECLIPSE vitaler und spontaner als die meisten der bisherigen Veröffentlichungen klingt – eine logische Konsequenz dieser Arbeitsweise. Denn anstatt die Rohfassungen der Ideen bis ins kleinste Detail auszuarbeiten, gingen Journey (nach einer langen Kompositionsphase) direkt ins Studio. „So eine Entscheidung ruft natürlich immer ein Für und Wider hervor, denn so manche Feinheiten entstehen nun einmal erst, wenn man sich intensiv mit den Arrangements befasst. Andererseits waren die Ideen, die Neal und ich am Computer erarbeitet hatten, so stark, dass wir es bewusst drauf ankommen lassen wollten. Es ist nie einfach, das richtige Konzept einer Scheibe zu finden – doch das Aller­wichtigste ist, dass man überhaupt ein Konzept hat. Um es auf den Punkt zu bringen: Neal wollte diese Richtung einschlagen – und ich war damit einverstanden, und zwar zu 100 Prozent.“

ECLIPSE ist in Cains Haus in Kalifornien entstanden, ein weiteres Jour­ney-Album wird dort nicht mehr aufgenommen werden – nur wenige Wochen nach der finalen Session ist das Anwesen verkauft worden, Cain zog mit seiner Familie endgültig um nach Nashville in Tennessee. Sein „Wild­­horse Studio“ ist somit Legende, wie der Keyboarder pragmatisch begründet: „Meine Frau und meine Kinder lieben Tennessee, und beide Häuser zu behalten, wäre einfach zu teuer gewesen.“

Rockfans wird die neue Scheibe zweifellos gefallen, denn auch wenn nur wenige wirklich ruhige Momente auszumachen sind, festigen Journey da­­rauf erneut ihren Ruf, nie etwas Halbgares abzuliefern. Was immer unter ihrem Namen in die Öffentlichkeit entlassen wird, erreicht ein Höchstmaß an kompositorischem und technisch-handwerklichem Niveau. Das gilt auch in Sachen Gesang – so gab es bei der Truppe bisher nur Top-Stimmen zu hören, wenngleich nicht alle gleichermaßen prägend waren. Auf die erfolgreichen Jahre mit dem außergewöhnlichen Steve Perry, der Journey nicht nur eine Stimme, sondern auch ein Gesicht gab, folgten einige Über­gangsjahren mit Jeff Scott Soto oder dem glücklosen Steve Augeri. Der „neue“ Mann, der Ende 2007 zu Journey stieß, hat sich jedoch voll etabliert: Der Filipino Arnel Pineda konnte mit innovativen Ideen und jeder Menge Selbstbewusstsein frischen Wind ins Bandgefüge bringen, wie Cain be­­stätigt: „Arnel ist ein toller Typ, den man gern um sich hat. Er ist in allem, was er tut, ungemein authentisch – ein ehrlicher, spiritueller Mann, der sich in dieser kurzen Zeit erstaunlich entwickelt hat. Für ihn sind sogar unsere Klassiker neu, insofern singt er sie mit einer Leidenschaft, als kämen sie ge­­rade frisch aus dem Studio. Das tut uns und dem älteren Material natürlich ausgesprochen gut.“ Cain vergleicht Pineda mit einem Ferrari, der – je nach Gang und Drehzahl – jedes Tempo mitgeht. Und dann bemüht er einen noch passenderen Vergleich: „Arnel kann wie ein Engel singen und schon im nächsten Moment wie ein Löwe brüllen. Er ist einfach in jeder Situation ein Top-Frontmann!“

Hinzu kommt, dass die neuen Stücke auf Pineda zugeschnitten sind: ECLIPSE ist ein Werk mit saftigen Rock-Direktiven und nur wenigen Pop-Elementen. Im Zuge der Veröffentlichung touren Journey jetzt weltweit durch die größten Hallen – im Juni sind sie auch hierzulande zu Gast. Und wo mancher Act nach den langen Live-Jahren nur (noch) wenig Freude am Reisen verspürt, dreht Jonathan Cain erst richtig auf. „Ich freue mich riesig darüber, dass wir Journey zu einer unverwechselbaren Marke im Rock-Ge-schäft machen konnten. Das hat viele Vorteile für uns. Ich wollte immer schon überall hinreisen und nicht nur durch Amerika, Kanada und Japan touren. Das ist nun möglich. Ich liebe es, nach São Paulo, Manila, Dublin oder Prag zu fliegen, dort zu spielen und mitzuerleben, mit welcher Hin­gabe die Fans unsere Songs abfeiern. Ist es nicht unglaublich, dass wir ir­­gendwo in Südamerika auf eine Bühne steigen und die Zuschauer dann jedes einzelne Wort von ›Mother Father‹ mitsingen? Jedes einzelne Wort! Unfassbar!“ An solchen Abenden erfüllen sich Cains sehnlichste Wün­sche: „Es gibt nichts Wundervolleres, als Musik zu komponieren, die das Pub­­likum direkt ins Herzen trifft. Falls mir das mit Neal auch bei den neuen Songs von ECLIPSE gelungen sein sollte, wäre ich der glücklichste Mensch auf Erden.“

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn das Album ist zweifellos eine hochklassige AOR-Scheibe. Und wie lautet noch gleich der Titel eines der besten Songs von ECLIPSE – ›Anything Is Possible‹? Ja, diesem Credo werden Journey in der Tat gerecht.

Matthias Mineur

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