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Label-Porträt: Bear Family

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Label-Porträt: Bear Family

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KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERABäriger Geburtstag: Das Label aus der Nähe von Bremerhaven feiert sein 35-jähriges Bestehen. CLASSIC ROCK-Autor Matthias Mineur machte einen Jubiläumsbesuch.

Ohne seinen unerschütterlichen Idealismus wäre Richard Weize sicherlich nie so weit gekommen. Ohne seinen Geschäftssinn und seine Fähigkeit, kühl zu kalkulieren und mit Zulieferern beinhart zu verhandeln, allerdings auch nicht. Denn wer wie er (beziehungsweise wie seine Firma Bear Family) rund 70 Veröffentlichungen pro Jahr vorantreibt und – so ganz nebenbei – auch noch Massen an CDs per Mailorder vertreibt, braucht all diese Fähigkeiten. Seit nun mehr 35 Jahren gibt es Label und Versand, Weize gilt als Bewahrer wichtiger Musikschätze und hat dafür entsprechende Preise verliehen bekommen: 2009 erhielt er den „Echo“ in der Kategorie „Besondere Verdienste um die Musik“, mehrfach wurde eines seiner Produkte mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik prämiert.

Man kann sich kaum vorstellen, dass all dieses von einem alten Gehöft in Vollersode bei Bremerhaven aus gesteuert wird. Alles, das hier am Ende einer endlosen Holperstraße direkt am Waldrand liegt, scheint irgendwie verwunschen: die hölzerne Dielentür am Parkplatz, die überdimensionale Bärenfamilien-Statue vor dem Eingang, die riesigen Fünfziger-Poster im Bürotrakt, die Weize in Amerika günstig gekauft und in Deutschland aufwändig restaurieren ließ. Und übrigens auch der Chef selbst, der mit Rauschebart und blauer Latzhose nicht eben wie der klassische Dressman daherkommt.

Doch verstaubt oder gar antiquiert ist hier wirklich überhaupt nichts. Das Archiv wird gepflegt und sorgsam auf Vordermann gebracht, die Buchhaltung funktioniert tadellos. Chaos kennt Weize nicht. Klagen übrigens auch nicht: „Wenn ich meinen Arbeitslohn in Stunden umrechnen würde, bekäme ich weniger als meine Angestellten“, sagt er ohne einen Unterton von Missmut. Zumal auch die Menschen, mit denen er kooperiert, an Weize und seiner Bear Family kaum reich werden konnten. „Wer mit mir zusammenarbeitet, der weiß, dass es bei uns nicht viel zu holen gibt“, erklärt er mit einem spitzbübischen Grinsen um die Mundwinkel.

Es ist eine Mission, die ihn und seine Partner vorantreibt, nicht das Geld oder der Ruhm. Weize will „gute Musik erhalten“, in einer Zeit, in der Radio und Fernsehen diese Funktion seiner Meinung nach verloren haben. „Gute Musik“, das ist für ihn vor allem Country, Schlager, Beatmusik, Rock’n’Roll – und dem-nächst sogar Jazz. „Mir sind amerikanische Jazz-Aufnahmen aus den Jahren bis 1927 angeboten worden“, sagt er. „Ich habe davon zwar nicht viel Ahnung, aber das Ganze klingt schon ziemlich ansprechend.“

Ahnung hat er vor allem von Country. Deshalb fing ja auch alles an: Ende der Fünfziger hörte er zum ersten Mal ›Don’t Take Your Guns To Town‹ von Johnny Cash und wurde prompt Fan dieser Musikrichtung. Weize wohnte damals noch im Harz und orderte fortan für sich und einige Kumpels die angesagtesten Scheiben aus Amerika. „Ich sammelte die Bestellungen und schlug auf jede LP eine Mark drauf, so dass ich bei zwölf Schallplatten immer eine für mich gratis be- kam.“ Zwischenzeitlich legte er diese Methode des Geldverdienens ad acta, doch nach Schlosser- und Dekorateur-Lehre sowie einigen Jahren als Vertreter für Wein kam er 1975 aufgrund chronischen Geldmangels auf ein ähnliches Geschäftsmodell zurück: Weize erwarb etwa 200 Schallplatten aus dem Lagerbestand eines Freundes und verkaufte sie weiter. „1975 entstand gerade die Outlaw-Welle mit Musikern wie Willie Nelson und Waylon Jennings. Ich war ganz vorne mit dabei, als es darum ging, deren Alben für den hiesigen Markt zu besorgen. Wir waren immer einer der Ersten, bei denen man diese Sachen bestellen konnte.“ So entstand Bear Family, ein Mailorder-Vertrieb, der heute Millionenumsätze macht.

Nach Bear Family gründete Weize dann die Zweigstelle Bear Family Records. Hier nun konnte er seiner eigentlichen Passion nachkommen – dem Entdecken, Ausgraben und Wiederveröffentlichen von Musikschätzen. „Für mich gibt es drei Kriterien: 1. Gefällt es mir? 2. Gefällt es anderen? 3. Ist es historisch wichtig? Wenn einer dieser Faktoren gewährleistet ist, bin ich interessiert.“

Das Angebot des Labels ist schier unfassbar, von Gene Vincent bis Pat Boone, von Etta James bis Ricky Nelson, von Roy Orbison bis Fats Domino. Und natürlich auch Johnny Cash, neben Ernest Tubb einer der Lieblingskünstler von Richard Weize. Doch auch heute noch gilt für ihn: „Musik ist immer auch eine Frage der Stimmung. Manchmal höre ich einen Interpreten ständig und bin völlig begeistert, nur um wenig später festzustellen: Das ist ganz schön Grütze, das Zeug…“

Nach 35 Jahren darf man so etwas sagen, zumal Erfolg und Mission von Bear Family eine eigene Sprache sprechen. Wer also mal in Vollersode vorbeikommt und sich am Rande eines kleinen Wäldchens über die Bärenfamilie vor einem alten, wunderschön renovierten Gebäude wundert, sollte wissen: Hier residiert eines der weltweit wichtigsten Label für Country, Schlager und Rock’n’Roll, für vergessene Schätze und die ganz besonderen Raritäten. Und das hoffentlich noch mindestens weitere 35 Jahre!

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