Damals verkannt, heute verehrt – der Songwriter starb heute vor 50 Jahren im Alter von nur 26.
Er ist das Musterbeispiel für den verkannten Künstler, der erst nach seinem Tod den Ruhm erntet, der ihm zusteht: Nick Drake.
Nur drei Alben hat der Brite aus einem Örtchen in Warwickshire in seiner Lebenszeit veröffentlicht. Drei Alben, denen der Erfolg verwehrt blieb und die sich erst nachträglich herum sprachen, die aber heute zu den absoluten Glanzstücken des Singer/Songwriter-Genres gezählt werden. Wer seitdem als leiser Folk-Songwriter gefeiert wurde, der wurde immer auch mit Nick Drake verglichen: Sufjan Stevens, José Gonzales, Bon Iver, Jeff Buckley und und und.
Nick Drake wurde 1948 in Burma geboren, wo sein Vater als Ingenieur arbeitete. Die Familie kehrte zurück nach England, als Nick drei war. Früh lernte Nick Klavier, ermutigt von seiner Mutter, selbst eine Hobby-Songschreiberin. Mit 17 kaufte sich Nick seine erste Gitarre, lernte schnell und experimentierte bald mit Open Tunings und Fingerpicking. Als Fan solcher Musiker wie Bob Dylan, Donovan, Phil Ochs, Van Morrison oder Fairport Convention fand er sich im Folk zu Hause, entwickelte aber bereits seinen eigenen, filigranen Stil.
Im Winter 1967/68 studierte Nick in London und trat mit seinen Liedern in Pubs auf. So lernte er Fairpoint Conventions Bassisten Ashley Hutchings kennen. Der war beeindruckt und stellte ihm Joe Boyd vor, damals bei Island Records für seine Band zuständig. Boyd war ebenfalls sofort überzeugt und er bot dem verschlossenen Neuling einen Plattenvertrag an.
Ein verschlossener Sonderling
Stichwort verschlossen: Heute leben wir in Zeiten, in denen das Stichwort Mental Health groß geschrieben wird. Liest man Nick Drakes Geschichte, so kommt man an dem Gefühl nicht vorbei, dass sie heutzutage vielleicht anders ausgegangen wäre. Man hätte vielleicht diagnostiziert, dass Drake „auf dem Spektrum“ war, autistische Tendenzen offenbarte.
Zeitgenossen berichten nicht nur positiv über Nick Drake. Unzugänglich sei er gewesen, oft schroff. Seine Kontaktscheue, im Zusammenhang mit seinem außer Zweifel stehenden Talent, wurde nicht selten als Arroganz ausgelegt.
Auch live hatte Nick Drake große Probleme. Er interagierte nie mit dem Publikum, reagierte empfindlich auf Desinteresse. Welches er aber leider erntete, wenn er mit seinen leisen Balladen zum Beispiel im Vorprogramm von Fairport Convention auftrat. Deren Fans wollte Lieder zum Mitsingen hören, keine verhuschte Flüsterei.
Aber zu den drei Platten. „Five Leaves Left“, 1968, war sein Debüt. Für einen ersten Gehversuch im Studio eine erstaunliche Platte. Still und flüchtig, intim, minimalistisch, grazil und edel, war die Platte ihrer Zeit voraus. „Zu wenig Variation“ war die Kritikermeinung und nur sehr wenige DJs, darunter John Peel, gaben seinen Liedern „airtime“ im Radio.
Weswegen Island Records und Nicks Producer Joe Boyd das zweite Album anders aufzogen: Weg vom Minimalismus. Eine Band wurde verpflichtet, auch Streicher wurden bezahlt, sogar John Cale gastierte auf zwei Tracks. „Bryter Layter“ bauscht Nick Drakes Lieder pittoresk auf, ohne zu übertreiben. Aber auch mit dem neuen Ansatz floppte die Platte dennoch. Dass der immer verschlossener werdende Songwriter sich auch weigerte, Interviews zu geben, erschwerte die Promotion.
Nach dem zweiten Misserfolg und der Verschlechterung des Verhältnisses rechnete Island Records nicht mehr damit, dass Nick Drake ein drittes Album liefern würde. Aber eines Tages stand er im Büro von Chris Blackwell mit Tapes, die er ganz alleine mit Aufnahmetechniker Joe Wood eingespielt hatte. „Pink Moon“, seine leiseste, dunkelste, kargste Platte.
Die Aufnahmen für ein viertes Album scheiterten. Die Depression hatte Nick Drake nun vollends im Griff. Er war nach Hause zu den Eltern zurück gekehrt, schloss sich dort für lange Perioden in seinem Zimmer ein.
Am 25. November 1974 fand ihn seine Mutter regungslos im Bett, die Ärzte sollten später eine Überdosis von Amitriptylin, einem Antidepressivum, feststellen. Nick Drake war 26 Jahre Jahre alt.
Zeit seines Lebens hat Nick Drake von seinen drei Alben gerade mal 4.000 Stück verkauft. Heute gilt er als bahnbrechender Pionier des Minimal Folk. 1999 verwendete Volkswagen „Pink Moon“ (ausgerechnet!) in einer TV-Kampagne, was die Verkaufszahlen in den USA vervielfachte. Es gibt Dokumentationen, Cover-Alben und für eine neue Generation von Spotify-Hörern und Songwritern ist Nick Drake der erste Name, der ihnen beim Stichwort „Folk-Songwriter“ einfällt. Man wünscht sich, Nick Drake selbst hätte das erleben dürfen.