Ein erinnerungswürdiger Rock’n’Roll-Abend mit Wolfmother und The Picturebooks im Münchener Backstage
Dass ein Freitagabend mit zwei tollen Bands ziemlich gut werden sollte, davon ist man auf dem Weg zum Backstagewerk in München schon von vorne herein überzeugt. Dass die beiden Shows einen dann aber doch so aus den Socken wehen, davon ist man dann doch ein wenig überrascht. Schon The Picturebooks als Supportslot zementieren die Basis für einen Stimmungsbogen, der den ganzen Abend lang halten wird. Zuletzt hat man das Duo aus Gütersloh, Wahlheimat Los Angeles, vor Jahren im Vorprogramm von Monster Truck gesehen, Den größten Unterschied zu damals stellt wohl die Bartlänge dar – früher standen Fynn und Philipp noch mit langem Vollbart vor den Leuten, heute glatt rasiert und mit Schnauzer – an Elan und Power haben diese beiden wandelnden Energiekraftwerke jedoch nichts eingebüßt.
Die 40 Minuten der Picturebooks vergehen wie im Flug, man ist hypnotisiert von der Kraft, mit der Philipp sein Drumkit bearbeitet, euphorisiert von der Ausstrahlung und Performance von Fynn, berauscht von dem rohen, Blues-geschwängerten Sound, beeindruckt davon, wie nur zwei Musiker so viel Körpereinsatz, solch eine Show und solch eine Wucht auf die Bühne bringen können. On top wirken die beiden Künstler außerdem extrem authentisch und sympathisch, vor allem, als Fynn Grabke seinen Vater Claus, der hinter dem Mischpult steht, voller Liebe und Bewunderung über den grünen Klee lobt – der ehemalige Profi-Skateboarder, Unternehmer, Produzent und Musiker ist sozusagen das dritte, unsichtbare Mitglied der Picturebooks und als Soundengineer, Tourmanager, Kameramann und Mann für alles ständig mit an Bord. Die grandiose Band wird für ihren Einsatz reichlich belohnt und vom Münchener Publikum euphorisch beklatscht und bejubelt.
Während der Umbaupause geht man kurz vor die Tür, um ein bisschen frische Luft zu schnappen, da legen Wolfmother auch schon los und nun zeigt sich, dass das Werk wirklich ausverkauft ist. War die Venue bei den Picture Books schon ordentlich gefüllt, stehen die Leute nun wie die Sardinen in der Dose. Es ist fast unmöglich, einen Platz zu finden, von dem aus man Andrew Stockdale und Co. wenigstens halbwegs zu Gesicht bekommt. Doch selbst in die hintersten Reihen, wo man sich auf Zehenspitzen den Hals verrenkt, schwappt die hochkochende Stimmung, die von zahlreichen Wolfmother-Krachern angestachelt wird. Gleich in den ersten Minuten haut die Band den Smash-Hit ›Woman‹ raus, den man eigentlich als Zugabe erwartet hätte und lassen die Menge unten völlig ausrasten. Crowdsurfing, Circle-Pits, ausgelassenes Headbangen und Tanzen – es geht hoch her an diesem Abend in München.
Wolfmother können heute nichts falsch machen, sie spielen sich durch ihre grandiose Bandgeschichte und landen mit Tracks wie ›Victorious‹, ›White Unicorn‹, ›New Moon Rising‹, ›Colossal‹, ›California Queen‹, ›Gypsy Caravan‹ und vielen mehr einen Treffer nach dem nächsten. Andrew Stockdale – der Tingeltangel-Bob des Retrorevivals – ist sichtlich erfreut und mitgerissen, er scherzt während des Gitarrestimmens ausgelassen mit dem Publikum, prostet ihm zu, betont mehrmals, dass München die mit Abstand beste Crowd dieser Tour sei – und man glaubt es ihm sogar. Mit dem grandiosen ›The Joker & The Thief‹ verabschiedet sich das Trio von der Bühne. Kurz ist man unsicher, ob es noch eine Zugabe gibt, schließlich haben Wolfmother bereits alle ihre großen Hits abgefeuert. Doch dann erklärt Stockdale, dass sie nun „just for fun“ ein paar Coverversionen spielen und fügt zwinkernd hinzu: „Von Bands, nach denen wir klingen oder Bands, die wie Wolfmother klingen.“
Und schon vor dem unverkennbaren Drum-Rhythmus von ›Rock And Roll‹ weiß man, dass jetzt eine Led-Zeppelin-Nummer kommen muss. Im Anschluss knallen Wolfmother gleich noch ›Whole Lotta Rosie‹ raus und kommen bis zur ersten Hälfte des AC/DC-Tracks auch gut durch, dann weiß keiner der drei Musiker auf der Bühne mehr so genau, wo im Song man eigentlich gerade ist und jeder spielt seine eigene Version. Es kuddelmuddelt ein wenig. Unangenehm? Vielleicht für Stockdale, der im Anschluss lachend meint: „Okay, jetzt spielen wir wieder etwas, das wir auch können“, vom Publikums-Standpunkt aus jedoch machen solche kleinen Patzer und unvorhersehbaren Momente eine Live-Show aus, lassen die Rockgrößen auf der Bühne menschlich wirken. Es folgen noch zwei Wolfmother-Tracks und mit ›Lovetrain‹ verabschiedet sich Andrew Stockdale nun endgültig von der Bühne und lässt eine bis auf die Unterhose verschwitze, aber dafür auch bis ins Mark glückliche, Menge zurück.