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Ozzy Osbourne: Glückszahl 13

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Ozzy Osbourne: Glückszahl 13

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Es war ein holpriger Weg und eine Erkrankung war dabei nur einer
der Stolpersteine, doch Ozzy Osbournes neues, mit Stars gespicktes Album – sein 13. – ist da. Er hält große Stücke darauf und schielt damit sogar auf die Spitzenposition der Charts.

Ganz ehrlich: Ich dachte, sie würden alle sagen, ich solle mich ficken.“ Ozzy Osbournes fröhliches Kichern
deutet an, dass er immer noch nicht wirklich glauben kann, dass die Namen Jeff Beck und Eric Clapton in den Credits zu PATIENT NUMBER 9, seinem neuen, 13. Soloalbum, neben seinem eigenen zu lesen sind. Es ist liebenswert, wie dieser 73-Jährige, selbst einer der bekanntesten und einflussreichsten Rockstars des Planeten, zu einem schwärmenden Fanboy wird, wenn die Sprache auf die überraschenden Cameos dieser beiden britischen Gitarrenlegenden kommt. Fast noch liebenswerter ist, dass die Einladung an Jimmy Page unbeantwortet blieb, weil der sich vielleicht ein neues Smartphone zugelegt hat. „Es lag nicht daran, dass er es
nicht machen wollte“, besteht Ozzy, „aber er antwortete nie auf meine Nachricht. Also denke ich, dass er sich wohl ein neues Handy gekauft hat, denn ansonsten wäre er rangegangen.“ Es ist früher Nachmittag in Los Angeles, der Stadt, die John Michael Osbourne seit Ende der 70er die meiste Zeit sein Zuhause nennt. Damals
hatte seine Managerin und Frau in spe, Sharon Arden, seinen kaum noch zu irgendeiner Wahrnehmung fähigen, alkohol- und kokainverseuchten Körper vom dreckigen Boden des in Dunkelheit gehüllten Hotelzimmers im Le Parc in Hollywood gekratzt und dem todessehnsüchtigen Sänger den Arschtritt verpasst, den er so dringend brauchte, um wieder aktiv in dem Geschäft zu werden, das ihn so völlig desillusioniert zurückgelassen hatte, lange, bevor seine entfremdeten, entnervten und ebenfalls erschöpften Partner bei Black Sabbath ihn rausgeworfen hatten. Ihr gemeinsamer Traum, den sie ein Jahrzehnt zuvor ersonnen hatten, war zur Enttäuschung geworden und letztendlich zu einem Alptraum mutiert.

Es ist eine wahre Freude, ihn heute so gut gelaunt zu erleben, vor allem wenn man bedenkt, dass er erst Mitte
Juni eine Reihe schmerzhafter Operationen über sich ergehen lassen musste, von denen Sharon (heute natürlich Osbourne) offen zugab, dass sie „den Rest seines Lebens bestimmen“ würden. Später an jenem Nachmittag wird er seinen ersten öffentlichen Auftritt seit dieser invasiven Prozedur haben, bei dem renommierten Comic-Con-International-Wochenende in San Diego, gemeinsam mit „Spawn“-Schöpfer Todd McFarlane, dem Künstler, der auch das Artwork für PATIENT NUMBER 9 erschuf. Doch Ozzy sagt auch, dass ihm immer noch ein ausgedehntes Physiotherapieprogramm bevorstehe, fünf Tage die Woche, bevor er wieder
irgendwelche Gedanken an eine Rückkehr auf die Bühne und den Beginn seiner oft umgeplanten und scheinbar verfluchten „No More Tears II“-Tournee hegen kann, die aktuell bis Juni 2023 laufen soll. „Ich werde langsam wieder“, verspricht er. „Es war in den letzten Jahren manchmal wirklich schwer, und ich bin noch nie in meinem Leben so lange flachgelegen, aber es wird ein- fach Zeit brauchen. Einer der Gründe, diese Platte zu machen, war, dass die Leute mich nicht vergessen sollen, und ich bin fest entschlossen, eines Tages wieder auf der Bühne zu stehen und mich bei den Fans zu bedanken. Wenn ich das nicht kann, kann ich es eben nicht, aber ich habe ein großes Verlangen danach. Es gibt nichts Besseres als einen guten Gig. Diese Heilung ist harte Arbeit, aber mental bin ich gerade bestens drauf, trotz all der negativen Energie in der Welt.“

Das äußerst unterhaltsame PATIENT NUMBER 9 ist ein beruhigend robustes, modernes Metalalbum und der Nachfolger des hochgelobten ORDINARY MAN von 2020, mit dem Ozzy in Großbritannien Platz drei und dort damit die höchste Chartposition seiner Solokarriere erreichte (in Deutschland war es Platz zwei, ebenfalls eine neue Bestmarke). Wie dieser Vorgänger wurde auch PATIENT NUMBER 9 mit seinen 13 Tracks von Andrew Watt betreut, mitgeschrieben und produziert, dem einstigen Gitarristen in der kurzlebigen Bluesrock-Supergroup California Breed mit Glenn Hughes und Jason Bonham und heute besser bekannt für seine Kollaborationen mit A-Listen- Popstars wie u. a. Post Malone, Miley Cyrus, Dua Lipa oder Justin Bieber. Ozzys jüngste Tochter Kelly hatte ihm den 31-jährigen Tausendsassa und gebürtigen New Yorker vorgestellt und
er erinnert sich, wie sie sich auf Anhieb bestens verstanden. Er brachte nicht nur eine ansteckende, positive Energie und eine frische, moderne Vision in das Projekt ORDINARY MAN ein, sondern auch ein prall gefülltes Adressbuch. In den Credits der Platte standen etwa Elton John, Post Malone, Tom Morello, Slash und Duff McKagan. Und bei seiner zweiten Zusammenarbeit mit Ozzy hat er diese Starriege erstaunlicherweise noch mal übertroffen.

Auf PATIENT NUMBER 9 sind nicht nur die bereits er wähnten britischen Gitarrengötter zu hören, ebenso wie
Ozzys langjähriger Begleiter Zakk Wylde, sondern auch Mike McCready von Pearl Jam, Chad Smith von den
Red Hot Chili Peppers, Robert Trujillo von Metallica, der verstorbene und schmerzlichst vermisste Foo-Fighters-
Schlagzeuger Taylor Hawkins und, vielleicht am unerwartetsten, der einstige Black-Sabbath-Kollege Tony Iommi, dessen unverkennbare Riffs auf zwei wunderbar doomigen Stücken glänzen: dem als Single veröffentlichten ›Degradation Trip‹ sowie ›No Escape From Now‹. Zu den weiteren Highlights gehören das vor Hooks nur so strotzende ›Immortal‹ („geschrieben über einen Vampir“, wie Ozzy verrät), auf dem Gastgitarrist
McCready sich seine lebenslangen Metalträume erfüllt, die feine Beatleseske Ballade ›A Thousand Shades‹, veredelt durch Jeff Becks überragenden Beitrag und einen treffenden Text („There’s a thousand different shades of darkness colouring our fate/The past is dead, the future’s haunted, what happened to today?“), sowie ›Mr. Darkness‹, das an Ozzys grandiose Wiederauferstehung 1980 mit BLIZZARD OF OZZ erinnert, während es sich mit den schrägen Fantasien aus Fanbriefen befasst. Zudem ist Platz für eine Hommage an die Beach Boys (eine unaufgeregte Interpretation des PET-SOUNDS-Klassikers ›God Only Knows‹) und bizarrerweise eine ziemlich willkürliche Würdigung von Jim Carreys frechem Superheldenstreifen „Die Maske“ von 1994 mit der wissenden Ejakulation „Somebody stop me!“ mitten im Song.

Für viele mag das Erscheinen eines neuen Albums von Ozzy Osbourne anno 2022 eine Überraschung sein, vor allem angesichts des über weite Teile eher düsteren, oft liebenswert nostalgischen Tons des Vorgängers, nicht zuletzt auf dem nachdenklichen und sanften Titelstück ›Ordinary Man‹: „Don’t forget me as the colours fade, when the lights go down it’s just an empty stage“, lautete eine auffällige Textpassage, die eindeutig nach einem so würdevollen wie dankbaren Abschied eines abtretenden Nationalheiligtums klang. Immerhin bekräftigte Ozzy schon damals, dass er noch wesentlich mehr zu geben habe. Als ich ihn 2018 auf ein paar Shows der Frühlingstournee durch Mexiko und Chile begleitete, war die belebende Wirkung einer triumphalen Live-Performance auf sein körperliches und geistiges Wohlbefinden unübersehbar und die schiere Freude für alle Beobachtenden. Heute betont er, dass er nie ernsthaft in Erwägung gezogen hat, sich zur Ruhe zu setzen. Er deutet auch an, dass PATIENT NUMBER 9 schon früher erschienen wäre, wenn die Kleinigkeit einer globalen Pandemie nicht zur Absage von Aufnahmesessions geführt hätte, die nur Wochen nach dem Erscheinen von ORDINARY MAN am 21. Februar 2020, seinem am wohlwollendsten aufgenommenen Solowerk seit NO MORE
TEARS von 1991, anberaumt waren.


„Diese Alben zu machen war das Einzige, was mich in diesen letzten vier Jahren über Wasser gehalten hat“, gibt er zu. „Es hielt mich davon ab, über mich selbst nachzudenken, denn ich konzentrierte mich auf die Platten. Andrew ist großartig, er ist wirklich clever, hat haufenweise Ideen und arbeitet sehr schnell, was perfekt für mich ist. Er ist sehr verständnisvoll und geduldig mit mir, denn bei der Arbeit an diesem Album musste ich mich manchmal alle fünf Minuten hinlegen, weil mein Hals so weh tat.“ Der weitere Weg für den alternden Fürst der Finsternis ist noch nicht ganz durchgeplant, doch er kann Kraft und spirituelle Inspiration für mögliche neue Abenteuer aus dem Feuer und dem furchtlosen Geist ziehen, die aus den Beiträgen der Maestros Beck, Clapton und Iommi auf seinem neuen Album strömen – drei Männer, die älter als er sind und weder sich selbst noch irgendjemandem sonst etwas beweisen müssen, wie Ozzy allzu bewusst ist. Er scherzt zwar, dass ihre Gastauftritte vielleicht aus reiner Langeweile zustande kamen – „Vergiss nicht, dass die alle wie ich auch zu Hause rumgesessen sind; alle sind verrückt geworden“ –, doch der aufrichtige Dank und Respekt ist in seiner Stimme zu hören, wenn er das Trio preist, das er als „Meister ihrer Kunst“ bezeichnet. „Tony und ich sind natürlich schon seit unserer Schulzeit befreundet, aber er kann mich immer noch überraschen“, gesteht Ozzy. „Zuerst dachte ich, er würde es nicht machen, aber Hut ab vor ihm. Man kann vieles über ihn sagen, aber Tony Iommi ist einfach der Beste, wenn es darum geht, Riffs aus dem Hut zu zaubern. ›No Escape From Now‹ wäre ein grandioser Sabbath-Track gewesen. Aber Sabbath sind Geschichte. Wir haben unsere Arbeit geleistet.“

An anderer Stelle ist Jeff Becks Spiel auf PATIENT NUMBER 9 Osbournes wohl abgewägter Meinung nach
„fucking genial“, und er lobt Claptons Akzente auf dem exzellenten ›One Of Those Days‹ als „fucking großartig“. Auf Letzterem heißt es im Refrain: „One of those days that I don’t believe in Jesus“, und Ozzy klingt mehr als schelmisch, wenn er prophezeit: „Das wird wohl Ärger bringen. Es ist kein ‚I am an Antichrist‘-
Song“, stellt er klar. „Es geht darin einfach um diese Tage, an denen alles verdammt schief läuft und man
bei dem Versuch durchdreht, alles geradebiegen zu wollen. Als Eric Clapton das zum ersten Mal hörte, sagte er: ‚Oh, ich weiß nicht, was ich von dem Text halten soll‘. Also versuchten wir, ihn mit Alternativen zu ersetzen. Eine war ‚One of those days where I don’t believe in Christmas‘, aber das klang nicht richtig. Den Glauben an Jesus zu verlieren, ergibt viel mehr Sinn, wenn die Welt den Bach runtergeht. Ich denke, der Song und das ganze Album sind sehr gut geworden. Aber ich bin auch noch nie ins Studio gegangen und habe gesagt: ‚Diesmal werde ich mal eine schlechte Platte machen‘. Die beste Platte ist immer die nächste. Aber natürlich empfinde ich auch tiefe Trauer, wenn ich sie höre, angesichts dessen, was mit Taylor Hawkins passiert ist. Ich traf ihn ein paar Mal. Beim ersten Mal stellte er sich vor, indem er sagte, Dave Grohl sei sein Boss. Er war wunderbar, so ein lieber Kerl. Tatsächlich arbeitete er mit mir in der Woche, bevor er wegfuhr [zu den Shows der Foo Fighters in Südamerika]. Es ist so traurig. Ich bin jetzt 73 und sagte neulich zu Sharon, dass so viele unserer Freunde jetzt sterben. Wenn man jung ist, stirbt vielleicht alle drei bis fünf Jahre jemand, den man kennt, aber wenn man seine 70er erreicht hat, scheint alle fünf Sekunden jemand abzutreten. Das wertvollste
Geschenk, das wir alle jetzt noch haben, ist Zeit.“

Und die Zeit schreitet voran. Bald wird der Osbourne-Clan um zwei Mitglieder wachsen, denn sowohl sein Sohn Jack mit seiner Partnerin, der Modedesignerin Aree Gearhart, als auch seine Tochter Kelly mit ihrem Partner, dem Slipknot-Maskenträger Sid Wilson, erwarten Nachwuchs. „Kelly geht es bestens“, strahlt ihr Dad. „Dachte ich, dass Sid jemals Teil meiner Familie werden würde, als ich Slipknot 1999 auf ihre erste große Tournee mitnahm? Natürlich nicht, ich hatte keine fucking Ahnung. Aber Kelly kann lieben, wen sie will, und sie liebt ihn aufrichtig.“ Auf die Frage, worauf er sich 2022 sonst noch so freue, antwortet Ozzy sofort: „Meine Genesung“, und sagt, dass er sie im wahrsten Sinne des Wortes Schritt um Schritt angeht, Tag um Tag. Er und Sharon, bekräftigt er, seien bereit, ihre Siebensachen zu packen, die USA zu verlassen und nach England zurückzukehren. Und der Tag, an dem dieser Umzug tatsächlich passiert, mag nicht mehr in allzu ferner
Zukunft liegen, denn das Familienanwesen im exklusiven Villenviertel Hancock Park in Los Angeles steht
zum Verkauf. Falls jemand unter der CLASSIC-ROCK-Leserschaft mit tiefen Taschen Lust auf einen Tapetenwechsel haben sollte: Der Preis beträgt schlappe 18 Millionen Dollar. John Michael Osbourne hat seinerseits auch noch Träume: „Ich würde immer noch gerne Platz eins in Großbritannien erreichen. Und dieses Album hätte es verdient. Niemand dachte, dass Sabbath mit unserem letzten Album 13 auf Platz eins kommen würden, warum also nicht träumen? Ich habe mein Bestes gegeben und bin sehr glücklich damit. Jetzt müssen die Fans über das Schicksal entscheiden.“ Es kommt ein weiteres vertraut dreckiges Lachen aus der Osbourne-Residenz und er schließt fröhlich ab: „Was auch immer passiert, ich werde nicht zulassen, dass die Welt mich vergisst!“

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3 Kommentare

  1. Warum fällt der Name Alexandra Tamposi nicht im Artikel? Hat sie nicht die meisten Songs geschrieben? Jedenfalls passen die Informationen bei Wikipedia nicht zu diesem Artikel. Kann mir das einer erklären? Danke!

    • Da liegst du aber richtig daneben : Die Dame hat bei Ozzys Album ,, Ordinary Man ,, bei 7 Titeln mitgeschrieben.
      Gute recherchiert mein gutster ……..:) Wiki – was auch immer ist nicht immer der Hort der wahren Ereignisse. Früher hatte man Enzyklopädien , das liegt vor der Zeit des WWW und seiner Kraken haften Verbreitung die leider mehr Shit als Gutes gebracht hat. Sagt einer der auf dieses Medium leider nicht mehr verzichten will……….:)
      Schöne Grüße……

      • Lieber Rolf, ich befürchte ich verstehe deine Antwort nicht. Es war ja der Grund für meinen Kommentar bzw. für meine Bitte um Erklärung, dass sie laut Wiki mitgeschrieben hat bei fast allen Titeln und sie dennoch im Artikel nicht erwähnt wird. Wo liege ich denn daneben?

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