Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich über die Platten, Künstler und Konzerte, die bleibenden Eindruck bei ihm hinterließen.
„Alle haben mich bis zum Abwinken über die Motörheads, Diamond Heads und Iron Maidens dieser Welt schwafeln gehört“, sagt der redselige Trommler von Metallica, „aber ich schätze auch viele andere Genres sehr.“ Geboren am 26. Dezember 1963 in Gentofte, Dänemark, und wohnhaft in Kalifornien, seit er 13 ist, war Lars Ulrich 1981 ein Mitbegründer von Metallica, die sich die New Wave Of British Heavy Metal zum Vorbild genommen hatten. Sein Geschmack erstreckt sich aber auch auf Jazz, Oasis, Rage Against The Machine oder Simon & Garfunkel, doch seine erste Liebe, Deep Purple, liegt ihm immer noch sehr am Herzen.
DIE ERSTE MUSIK, AN DIE ICH MICH ERINNERN KANN
Als ich aufwuchs, spielte mein Dad viel Jazz – Coltrane, Miles, Dexter Gordon, Ornette Coleman – und ein bisschen Rock – Hendrix, die Stones, die Doors. Die Musik, die damals im dänischen Radio lief, war im Wesentlichen das, was aus England kam, Anfang der 70er, also viel Glam.
DER ERSTE SONG, DEN ICH LIVE GESPIELT HABE
Der Song hieß ›Hit The Lights‹, mit einer Band namens Metallica 1982 bei Radio City in Anaheim, Kalifornien. Es ist die einzige Band, in der ich je war, und der erste Song, den James Hetfield und ich je schrieben, war ›Hit The Lights‹.
DIE BESTE PLATTE, DIE ICH JE GEMACHT HABE
HARDWIRED … TO SELF-DESTRUCT ist die, mit der ich die wenigsten Probleme habe und die noch immer am ehesten wie ein Abbild meiner gegenwärtigen Vorlieben klingt.
DIE SCHLECHTESTE PLATTE, DIE ICH JE GEMACHT HABE
Achtung, Lars-Ulrich-Schock: Wir haben nie eine schlechte Platte gemacht! Aber ernsthaft, ohne mich da rauswinden zu wollen: Ich betrachte keine von ihnen als Fehler. KILL ’EM ALL [1983] klingt wie vor sehr langer Zeit, mit viel jugendhafter Energie. Aber ich bin sehr im Reinen mit der Vergangenheit.
DIE BESTE LIVE-BAND, DIE ICH JE GESEHEN HABE
Motörhead, AC/DC, Rage Against The Machine, Deep Purple, Thin Lizzy. Ich weiß nicht, ob eine davon besser als die anderen ist, aber ich hatte das große Glück, sie alle sehr früh zu sehen.
DER SÄNGER
Bon Scott war der coolste Sänger aller Zeiten – der Gesangsstil, die frechen Zweideutigkeiten und die charismatische Persönlichkeit. Diese frühen AC/DC-Platten – DIRTY DEEDS DONE DIRT CHEAP, LET THERE BE ROCK, POWERAGE, HIGHWAY TO HELL – sind einfach fucking zeitlos.
DER GITARRENHELD
Ritchie Blackmore. Das erste Konzert, auf dem ich je war, waren Deep Purple. Ich war neun und kann immer noch die Augen schließen und sehen, wie er diese schwarz-weiße Stratocaster nahm und sie mit seinem Fuß spielte oder gegen die Lautsprecher rieb. Das beeindruckte mich sehr. Ich denke, er war der beste Gitarrist dieser Generation, und für mich ist er der Inbegriff des Gitarrenhelden.
DER SONGWRITER
Noel Gallagher. Es gibt nichts Schwereres – glaub mir, wir wissen das aus eigener Erfahrung –, als einen einfachen Song zu schreiben. Und je kürzer und einfacher er ist, desto schwerer ist es. Diese großartigen Oasis-Songs – ›Wonderwall‹, ›Live Forever‹, ›Supersonic‹ – … wenn Noel sie alleine spielt, nur mit Gitarre und Gesang, ist es unglaublich, wie reduziert sie sind, wenn man so nackt und verletztlich ist.
DAS BESTE ALBUM ALLER ZEITEN
Ich gebe dir fünf in zufälliger Reihenfolge: MADE IN JAPAN [Deep Purple], LIGHTNING TO THE NATIONS [Diamond Head], NO SLEEP ’TIL HAM-MERSMITH [Motörhead], DEFINITELY MAYBE [Oasis] und das [selbstbetitelte] erste Album von Rage Against The Machine. Das sind für mich die zeitlosen Platten. Je nach Stimmung schwanke ich zwischen ihnen. Ich würde sagen, über das vergangene Jahr haben mich Rage Against The Machine mehr bewegt als jede andere Band.
DIE HYMNE
›Smoke On The Water‹. Ich weiß nicht, ob ich irgendwas zu diesem Song sagen kann, das noch nicht gesagt wurde. Aber ich kann dir verraten, dass es eine ziemlich coole Erfahrung für mich war, als Ian Gillan vor etwa 15 Jahren in San Francisco auftrat und ich letztlich ›Smoke On The Water‹ mit ihm spielen durfte. Das war ziemlich fucking surreal für einen Typen, der in einem mit Deep-Purple-Postern zugepflasterten Zimmer aufwuchs.
DER SONG, DER MICH ZUM WEINEN BRINGT
In der richtigen Stimmung können einige dieser zeitlosen Nummern von Simon & Garfunkel definitiv einen emotionalen Nerv bei mir treffen: ›The Sound Of Silence‹, ›Scarborough Fair‹. Und wo wir von Paul Simon reden: Auf dem ersten Album seiner Frau Edie Brickell, SHOOTING RUBBERBANDS AT THE STARS, gibt es ein Lied, ›Air Of December‹, bei dem mir definitiv manchmal die Augen feucht werden.
MEIN SAMSTAGABEND-PARTYSONG
Stereo MC’s, ›Connected‹. Das ganze Album ist genial. Jeder einzelne Song darauf löst das Verlangen in dir aus, herumzuhüpfen und abzugrooven.
MEIN „IN STIMMUNG“-SONG
Ich erzähle dir etwas, und dabei belassen wir es. Sagen wir mal, dass meine Frau und ich ein besonderes Verhältnis zum [selbstbetitelten] ersten Montrose-Album haben, okay? Mach daraus, was du willst. Mach dir deinen eigenen Reim darauf.
DER SONG, DER BEI MEINER BEERDIGUNG LAUFEN SOLL
›Killing In The Name‹, Rage Against The Machine. „Fuck you, I won’t do what you tell me!“ Aber ich weiß nicht, ob das ein Song ist, der wirklich mein Leben definiert. Ich könnte mich für Oasis entscheiden, ›Supersonic‹, oder Diamond Head, ›Am I Evil?‹. Oder vielleicht ›Return Of The Vampire‹ von Mercyful Fate. Das ist ein Klassiker, auf dem ich spielte, als sie ihn 1993 neu aufnahmen, und auf eigenartige Weise könnte der Track ich sein, der aus dem Leben nach dem Tod zurückkehrt.