Mit einem Riff, das beide Gitarristen für sich beanspruchten, das aber von einem Song von Steve Miller beeinflusst war, und einem von einer Sommerliebe inspirierten Text wurde es nicht nur zum bekanntesten Song der Band, sondern auch zu einem Rockklassiker.
Auch wenn Wishbone Ash immer die Vorarbeit anerkennen, die Blossom Toes und Fleetwood Mac in der Peter-Green-Ära erledigt hatten, erlebten viele Fans den Doppelgitarren-Rock erstmals mit Ash-Alben der 70er wie dem selbstbetitelten Debüt, PILGRIMAGE und ARGUS, dem Meisterwerk schlechthin. Im Jahr seines Erscheinens wählten die Leser des Magazins Sounds den Drittling der Band zum besten Album 1972, vor Großtaten wie MACHINE HEAD von Deep Purple, Bowies THE RISE & FALL OF ZIGGY STARDUST AND THE SPIDERS FROM MARS und ALL THE YOUNG DUDES von Mott The Hoople. Die Keimzelle der Texte, die ARGUS so abräumen halfen, kam aus den Erinnerungen von Bassist/Sänger Martin Turner an eine Teenager-Sommerliebe in seiner Heimatstadt Torquay. Für kurze Zeit war er mit der schwedischen Austauschschülerin Annalena Nordstrom liiert gewesen, und ihr Haar war „golden brown, blowin’ free like a cornfield“. Weder sie noch er sprach die Sprache des/der anderen, und als Turner sie fragte, ob er sie küssen dürfe, sagte sie holprig: „Du kannst es versuchen“. „Diese Worte sind in dem Song“, sagt er mit einem Lächeln. Die Romanze verlief sich zwar im Sand, nachdem Nordstrom nach Hause zurückgekehrt war, doch das Erlebnis führte zu dem, was Turner als „eine glorreiche Hymne auf den Geist der Liebe“ bezeichnet.
Die Gitarristen Ted Turner und Andy Powell beanspruchen das unverkennbare Intro-Riff von ›Blowin’ Free‹ für sich, erkennen aber auch beide den Einfluss von ›Children Of The Future‹ von der Steve Miller Band darauf an. „Unser Song war im Wesentlichen ein Blues-Shuffle, und dazu ließ ich mir dieses Riff am Anfang einfallen“, sagt Ted Turner (der nicht mit Martin verwandt ist). „Musikalisch war es von Steve Miller inspiriert.“ Fröhlicher, als man es erwarten würde, angesichts des bitteren Gerichtsverfahrens, das ihm letztendlich die Namensrechte an Wishbone Ash zuschlug, nennt Powell Teds Behauptung „faszinierend. Ich kann mich erinnern, wie ich mit einem Typen namens Micky Groome daran gearbeitet habe, der bei Duck’s Deluxe war, und ich hatte es immer so im Kopf, dass die Idee von mir stammte“. Und Powell, gut gelaunt, weiter: „Vielleicht fiel es uns gemeinsam ein?“ „Das hat keiner der beiden geschrieben – sondern ich!“, sagt wiederum Martin Turner mit einem Kichern. „Ich erzählte Ted und Andy von dieser alten Hippie-Hymne von Steve Miller mit einer interessanten Hammer-on-Technik. Ich
sang ihnen vor, wie ich es mir vorstellte, und sie verstanden es. Das wurde dann das Intro zu ›Blowin’ Free‹.“
„Wollen wir nicht vergessen, dass es ein toller Song für alle vier von uns war“, bekräftigt Powell. „Das Schlagzeugspiel von Steve Upton – diese sehr englische Version eines Shuffle – ist so charmant. Der Song läuft dahin, voller Hoffnung und Erwartungen. Er brachte eine Generation auf den Punkt, die ihren Weg zu finden versuchte.“ Die Ursprünge von ›Blowin’ Free‹ gehen auf die Sessions zu PILGRIMAGE zurück, dem Vorgänger von ARGUS, doch Martin erinnert sich, dass „es einfach nicht funktionierte“. Laut Powell wiederum „prügelten wir den Song irgendwie in Form bei einem Soundcheck im Whisky A Go Go
in Hollywood“ auf der Tournee zu PILGRIMAGE. Martin sagt, dass er „bei ARGUS fest entschlossen war, es richtig hinzubekommen“.
Bei ihrem dritten Album arbeitete die Band erneut mit dem Team aus Produzent Derek Lawrence und Tontechniker Martin Birch zusammen. Und tatsächlich nahm der Track Gestalt an. Ted Turners Solo, ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs der Nummer, war ein Experiment. „Ich hörte damals viel Ry Cooder und ›Blowin’ Free‹ war der erste Song, den ich mit Slide-Gitarre spielte“, erklärt Ted. „Ich besaß damals nicht mal eine Lap-Steel, also musste ich meine schwarze Les Paul Custom mit einer Verlängerungsschraube umbauen, um das hinzubekommen.“
Das De Lane Lea Studio, wo Wishbone schon die ersten beiden Platten aufgenommen hatten, zog innerhalb von London von Kingsway nach Wembley um und modernisierte seine Ausstattung von acht auf 16 Spuren. „Das machte einen riesigen Unterschied“, sagt Powell. „Es eröffnete einem eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten. Wir konnte die Gitarren auf zwei Spuren und Schattenharmonien unter den Gesang legen. Das wertete den Sound enorm auf.“
In einem unglaublichen Twist wäre ›Blowin’ Free‹ fast nicht auf das Album gekommen. Martin staunt: „Derek [Lawrence] kam im Namen der Band zu mir und sagte, das sei ein so poppiger Song, dass er vielleicht besser auf ein anderes Album passen würde. Meine Reaktion war: ‚No fucking way. Das kommt auf ARGUS, als Gegengewicht zum Rest der Platte‘. Und sie ließen es gut sein“. Martins Verweigerung erwies sich als gerechtfertigt. ›Blowin’ Free‹ wurde nicht nur zum krönenden Highlight eines Werks, das Wishbone-Ash-Fans vom ersten bis zum letzten Ton als absolut makellos erachten, sondern auch ein ewiger Live-Favorit.
„Es war ein wichtiger Teil der Geschichte dieser Band“, so Powell. „Uns war bewusst, dass unsere Shows etwas positiver enden mussten. ›Blowin’ Free‹ war entweder der letzte Song des regulären Sets oder eine der Zugaben, obwohl wir es manchmal auch als Opener einsetzten. Die Leute liebten dieses Riff im Intro einfach. Wenn man zu jener Zeit in einen Musikladen ging, war die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass da gerade jemand versuchte, entweder ›Stairway To Heaven‹ oder ›Blowin’ Free‹ nachzuspielen.“
Steve Harris hat gesagt, dass ARGUS ein großer Einfluss auf sein frühes Songwriting bei Iron Maiden hatte. Genauer gesagt glaubt Powell, dass das bewegende Outro von ›Blowin’ Free‹ zwei große Rockklassiker beeinflusste: „Es war eine der am meisten ausgeborgten Ideen jener Ära. Ich kann das Doppelgitarren-Finale in Steely Dans ›Reelin’ In The Years‹ hören, ebenso wie natürlich in Thin Lizzys ›The Boys Are Back In Town‹ – das war definitiv von ›Blowin’ Free‹ beeinflusst“. Was absolut plausibel ist. ARGUS erschien im April 1972, ›Reelin’‹ (als Single) im März darauf und ›The Boys‹ vier Jahre später. Nicht dass sich Wishbone Ash, die sich für ihren Song ja kräftig bei Steve Miller bedient hatten, beschweren würden. „Nichts ist wirklich ein Original“, sagt Martin mit einem Lächeln. „Alle Musik ist recyclet.“
Die Originalübersetzung von Wishbone Ashe waren in ihrer Zeit ein Wegbereiter für viel Bands, Ideengeber für Songs.
Eine der für mich besten Bands dieser Ära. Noch heute höre ich gerne Die ersten drei Alben von Wishbone Ash. An die Original-Besetzung , Martin und Ted Turner ohne verwandtschaftlichen Bezug, Andy Powell und Steve Upton kam keine der danach folgenden Umbesetzungen bis heute. Tolle Musiker, tolle Melodien und Texte, einfach genial gute Rock-Musik aus der besten Ära der Rock-Musik. Bin dankbar diese Zeit mit vollen Zügen mit erlebt haben zu dürfen. Ein mit gealterter Wishbone Ash – Fan der ersten Stunde.